Mutation

Der deutsche Rapper „Derbst One” machte in der Vergangenheit durch die Huldigung eines Selbstmordattentäters und durch ein Lob des Josef Stalin auf sich aufmerksam. Im Lied „Zaid” schilderte der Nachwuchsreimer die Geschichte des „Zaid”, der „voller Stolz den Tod Turban wie Aladin” trägt und „Falestine” schreiend den Tod sucht. In anderen Liedern ging es um „Antideutsche” und„Sozialdemokraten”, die der reimende Schreibtischtäter am liebsten „ins Grab schicken” wollte.

Dabei mixte „Derbst One” krude Arbeiterromantik mit noch kruderem Anti-Imperialismus. Hinzu kam ein Faible für militärische Reime: „Wir treten jetzt an, Arbeitersöhne stehen jetzt stramm”, hieß es in einem Lied. Diese politische Positionierung prädestinierte den Nachwuchsrapper für einige Auftritte auf den Festivals der Organisation, die ebenfalls einer deartigen Arbeitertümelei verfallen ist. „Derbst One” durfte auf dem ein oder anderen Festival der „Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend” (SDAJ) auftreten. Außerdem ermöglichten einige andere linksdeutsche Gruppe „Derbst One” ebenfalls einen Auftritt. Hier durfte der Rapper seine Lieder zum Besten geben, in denen er gegen „halblinkes Verrätertum” ansang, das er in „Antideutschen” und „Sozialdemokraten” personifiziert sah.

Diese Zeiten scheinen nun vorbei zu sein, auch wenn sich die Inhalte des deutschen Rappers kaum geändert haben. Doch für die angestrebte Karriere scheint der Nachwuchsrapper auf allzu offene Lenin und Stalin Huldigungen und auf Auftritte bei Stalin-Freaks und Lenin-Jüngern verzichten zu müssen. Seit etwas mehr als einem Monat inszeniert sich „Derbst One” nicht mehr als Sozialist. Schließlich hat er nun einen Vertrag beim Label „Ruhrpott Illegal” unterzeichnet und bereits zwei Videos veröffentlicht. In einer ersten Ansage posiert der Rapper nun vor einem Mercedes-Benz, was bei alten Fans für Unmut sorgte, die außerdem die alten Lieder vermissen, die der Rapper eiligst entfernte.

Außer dem allzu offenen Verzicht auf stalinistische Plattitüden hat sich allerdings nicht viel geändert. In einer ersten Ansage wird der Nachwuchsreimer als „kampfbereiter Assassine” inszeniert, der „dem Dreck jetzt ein Ende” bereiten möchte. Die militaristisch angehauchten Reime erinnern ebenfalls an den früheren „Derbst One”: Während er vormals „Arbeitersöhne” aufmarschieren lassen wollte, sind es nun seine Label-Kameraden, die als Armee dienen sollen:

Geht aus dem Weg, die Armee rückt an. Ruhrpott Illegal, wir übernehmen das Land. Tretet an, steht stramm, salutiert, 4,5, wir sind bereit in den Kampf zu marschieren.

So heißt es in einem ersten Lied, in dem auch allerlei Missbrauchsphantasien zu hören sind. In einem weiteren Lied ist ganz verschwörungsidelogisch von einer kleinen Gruppe die Rede, die die Menschen als Zahlen missbraucht.

Derartige Thesen sind nicht nur in Hip-Hop-Deutschland durchaus mehrheitsfähig. Ebenso mehrheitsfähig dürfte die Liebe für allerlei regressive Bewegungen und Regime sein, mit denen sich „Derbst One” nach wie vor solidarisiert. In einem Interview mit „Backspin.TV” bezieht sich „Derbst One” daher auf die „Occupy-Bewegung” und warnt vor einem Krieg gegen den Iran. Allzu viel hat sich also nicht geändert. Allerdings dürfte „Derbst One” nun ein breiteres Publikum erreichen. Während er vorher auf den Festivals kleiner linker Jugendverbände zu hören war, dürften nun auch Auftritte in einem größeren Rahmen möglich sein.

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