Festival des deutschen Friedens

In der vergangenen Woche kamen sie auf dem Alexanderplatz in Berlin zusammen: Tibet-Fans, Trikot-Verkäufer, Occupy-Aktivisten und die Kader rechter Kleinparteien veranstalteten ein „Friedensfestival”. Verschiedene Marktschreier, die den flanierenden Besuchern und verirrten Touristen ihre esoterischen Wahnideen anpriesen, waren allgegenwärtig. Außerdem redeten verschiedene Verschwörungsideologen und andere Scharlatane.

Es ist ein ruhiger Samstag. Etwa 30 Menschen haben sich am 16. Juni 2012 vor der großen Bühne versammelt. Am Rande steht ein Zelt der „Occupy-Bewegung”, einige Regenschirm werden ebenfalls zur Schau gestellt. In verschiedenen Zelten werben ganz unterschiedliche Organisationen für ihre Ideen: Da wäre zum Beispiel die rechtskonservative „Ökologisch-Demokratische Partei” (ÖDP) oder der „Berliner Wassertisch”. Auf einem Markt der Ideen wird für esoterische Yoga-Übungen geworben. Direkt daneben wird die tibetische Fahne verschenkt und dementsprechend geschwenkt.

Ein Mensch läuft kreischend über den Platz: „Achtung, hier kommen die Friedenselefanten”. Er zieht eine Holzkonstruktion vor sich her und verteilt Flugblätter, mit denen die Internetseite der „Friedenselefanten” beworben wird. Dort wird zu einem „Aufmarsch” aufgerufen:

Auf dem ehemaligen Reichsparteitaggelände, werden die Werke der Friedenselefanten (…) aufmarschieren

Unterstützt wird diese wahnwitzige Aktion durch verschiedene Bürgermeister, Botschafter und Sparkassen. Auf dem „Friedensfestival” sind allerdings keine bürgerlichen Honoratioren, sondern nur die Holzelefanten zu sehen.

Die Touristen, die sich zwischen den Zelten verirrt haben, dürfen Elefanten und anderen esoterischen Ramsch erstehen. Doch die meisten Besucher interessieren sich nur für den ökologischen Orangensaft und die Deutschland-Devotionalien, die von einem Händler an die Fans der deutschen Nation verkauft werden. Selbst vor der Bühne bleiben kaum Menschen stehen, hier werden Theaterstücke aufgeführt.

Zwischendurch wird gesungen. Auf der großen Bühne ist eine Deutschland-Fahne zu sehen, während kleine Kinder ein Friedenslied aus der DDR intonieren. Sie singen über die weiße Friedenstaube, eine „Occupy-Aktivistin” stimmt vor der Bühne in den Kinderchor ein. Daneben sitzt ein gealterter Friedensfreund, der nicht nur das Peace-Zeichen, sondern auch seine schwarz-rot-goldene Mütze spazieren trägt, an der die Friedens-Rune zuvor befestigt wurde.

Die Organisatoren um Ina Edelkraut scheinen zufrieden sein. Ein vorläufiges Fazit findet sich auf ihrer Facebook-Seite:

Wir geben nicht auf, den Frieden ist auch eine Lösung! YEAHHH!

Seit 2009 findet dieses krude Festival statt. Der Ruf nach Frieden war schon damals ein mehr als „weitgedehnter Nenner”. Auch in diesem Jahr wird die ideologische Verkommenheit dieser deutschen Friedensfreunde, zum Beispiel durch das Veranstaltungsangebot, besonders deutlich: Hier wird die „Gemeinwohl-Ökonomie” beworben, die durch die Ideen des Anthroposophen Rudolf Steiner inspiriert wurde. Abgerundet wird dieser esoterische Firlefanz durch „Lachyoga” und  „Friedensmeditationen”, die einen „Impuls für Inneren Frieden” bieten sollen.

Zwischendurch darf Wolfgang Baron von Hildebrandt, der nicht nur „Menschenrechtsaktivist”, sondern auch „Liedermacher” sein möchte, die Lieder von Paul Simon missbrauchen. Danach stellt sich die„World Peace Prayer Society” vor und es wird gemeinsam für nicht mehr und nicht weniger als den „Weltfrieden” gebetet.

Am Abend wird es dann politischer. Christoph R. Hörstel erklimmt die Bühne und hält eine seinerberüchtigten Brandreden. In diesem Jahr geht es um seine Deutung der Situation in Syrien. Hörstel hat sich voll und ganz der syrischen Despotie verschrieben. Als Redner begeistert er des öfteren die Freunde des Regimes, so zum Beispiel am 12. Mai 2012 in Berlin. Damals forderte vor der amerikanischen Botschaft:„Germany for the Germans”.

Der Verschwörungsideologe ist nicht zum ersten Mal als Redner geladen. Im vergangenen Jahr deutete er die Ereignisse des 11. September 2001 um. In diesem Jahr gibt er sich reichlich Mühe, um das Assad-Regime zu verteidigen. Natürlich wird die ideologische Feindbildpflege, gegen „den Westen” und für das Assad-Regime, von den Friedensfreunden eifrig beklatscht.

„Hinter dem Ruf nach Frieden, verschanzen sich die Mörder”, urteilte Paul Spiegel im Jahr 2002. Das hat sich bis heute nicht geändert. Es verschanzen sich allerdings auch deutschnationale Verschwörungsideologen und esoterische Wanderprediger hinter diesem Ruf. Dies macht das Festival der deutschen Friedensfreunde mehr als deutlich. Im nächsten Jahr werden sie wieder zusammenkommen: Dann wird wieder meditiert, gebetet und gehetzt werden.

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