Meteoriten, UFOs und die USA

Vor einigen Wochen stürzte ein Meteoritenhagel auf die Erde und verglühte größtenteils über der russischen Region Tscheljabinsk. Die Folgen der Katastrophe vom 15. Februar 2013 waren hunderte verletzte Menschen, tausende zerstörte Fensterscheiben, reißerische Medienberichte und verschiedene Verschwörungsmythen, die über die einschlägigen Internetseiten verbreitet wurden.

Mal wieder hatten die Gläubigen, die jeden Anlass benutzen, um ihn in ihr wahnhaftes Weltbild einzupflegen, ein Ereignis zu Hand, mit dem sie den Mythos von der mysteriösen Verschwörung spinnen konnten. Sie benutzten mal wieder eine Katastrophe und fanden Verantwortliche, die sie nun für den Vorfall verantwortlich machten. Aus der Katastrophe wurde ein UFO-Überfall oder gar ein amerikanischer Angriff gemacht.

Bereits am Tag des Unglücks meldete sich der rechtspopulistische Krakeeler Wladimir Wolfowitsch Schirinowski zu Wort und munkelte von einem Waffen-Experiment, für das er die USA verantwortlich machte: „Das sind keine fallenden Meteoriten, sondern die Amerikaner testen neue Waffen“, behauptete der Politiker der Liberal-Demokratischen Partei Russlands (LDPR), der zumindest in der Vergangenheit vor allem durch antisemitische Hetze aufgefallen war.

Einige Wochen nach dem Unglück findet sich die Behauptung vom angeblichen Waffen-Experiment der USA auf zahlreichen Internetseiten des verschwörungsideologischen Milieus. Unterschiedliche Gruppen berufen sich auf den rechten Russen: So verbreitet die Schweizer Sektion der verschwörungsideologischen„Graswurzelbewegung“ von „We are Change“ ebenso die Behauptungen des Rechtspopulisten wie die „Arbeitsgemeinschaft Staatlicher Selbstverwaltungen“, die ansonsten die Nazi-Mythen der so genannten „Reichsbürger“ verbreitet. Hier munkelte man von „Machenschaften der USA“, die diesmal sogar für einen Meteoriten verantwortlich gemacht werden.

Diejenigen, die diese wahnwitzigen Behauptungen kolportieren, bewegen sich in einer verschwörungsideologischen Tradition: Nach anderen Naturkatastrophen, wie dem Erdbeben, das im Jahr 2010 Haiti verwüstete, raunten die Verschwörungsgläubigen ebenfalls von mysteriösen amerikanischen Waffen, die zum Einsatz gekommen wären. Bereits im Jahr 2004 verbreitete der mittlerweile verstorbene Joe Vialls, eine Ikone der selbsternannten „Truther“, die Behauptung, dass die USA für das Sumatra-Andamanen-Beben verantwortlich seien.

Die Anti-Amerikaner sind einem raserischen Wahn verfallen. Daher sagen sie den USA eine unglaubliche Mach nach: Strahlen-, Erdbeben-, Wetter– und andere Superwaffen gehören zum Repertoire, die in ihren Märchen Verwendung finden. Der Anlass ist durchaus beliebig: Erdbeben, Tsunami und Meteoritenschauer scheinen gerade gut genug, um den Hass auf die Vereinigten Staaten auszuleben. Der Meteorit über Russland ist ein weiterer Anlass, der nun benutzt wird.

Neben den anti-amerikanischen Mythen wurden aber auch andere Märchen verbreitet. Einige Verschwörungsgläubige wollen mal wieder ein UFO entdeckt haben. Daher verbreiten sie nun pixelige Videos, auf dem mit einigem guten Willen ein dunkler Punkt zu erkennen ist. Einige sind sich sicher, dass ein UFO den Einschlag beobachtet habe, andere sprechen davon, dass das angebliche UFO den Meteoriten zerstört haben. Auch dies ist nichts neues: Nach den Mord-Taten des Anders Behring Breivik raunten Verschwörungsgläubige von einem UFO, das sie in den Straßen Oslos entdeckt haben wollten; doch dabei handelte es sich um eine einfache Straßenlaterne.

Verschwörungsgläubige sind vorhersehbar. Sie ordnen jedes Ereignis — vom Fernsehprogramm bis zur Naturkatastrophe — ihrem Wahn unter und machen überall die angebliche Verschwörung aus. Daher kann man sich ausmalen, wie sie auch auf zukünftige Ereignisse reagieren werden. Was folgen wird, ist eine weitere Aktualisierung des Verschwörungswahns. Dann werden mal wieder die USA verantwortlich gemacht. Dort wird man erneut von Strahlen– und Wetterwaffen schwafeln. Außerdem wird man das ein oder andere UFO entdeckt haben wollen. Die nächste Naturkatastrophe kommt ebenso sicher wie das nächste Verschwörungskonstrukt.

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