Lesbares

Zeitungs- und Bücherdschungel

Formen der Kritik

Der jüdische Kommunist Stefan Heym floh vor dem Nationalsozialismus, gegen den er mit seiner Schreibmaschine und als Mitglied der amerikanischen Armee ankämpfte. Auf der Flucht vor den antikommunistischen Tribunalen der McCarthy-Ära reiste er in die Deutsche Demokratischen Republik, wo Heym eine neue Wirkungsstätte fand. Immer wieder wandte sich der Schriftsteller an die deutschen Sozialisten, wobei er ihrem Wunsch nach Kritik, die konstruktiv sein müsse, nicht folgen wollte. “Kritik muss nein sagen”, erklärte der Autor den poststalinistischen Kadern der SED.

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Eine typisch deutsche Argumentation

“12. Dezember. Cincinnati.

Soeben bin ich von einer typischen von deutschen Genossen organisierten Versammlung zurückgekehrt. Der große Saal war gestopft voll. Kein Wunder auch, hatten doch die Sozialisten eine ‘deutsche Versammlung’ angekündigt, ohne zu sagen, dass eine Russin sprechen würde, noch dazu eine internationalistisch eingestellte Sozialistin! Alle möglichen Leute waren gekommen, eine Menge Spießer, brave deutsche Bürger. Auf ein paar Hundert kamen ein, zwei Dutzend Frauen.

Nach der Versammlung ist alles ganz anders als bei den amerikanischen Kundgebungen. Dort kommt man zu mir, sagt mir in herzlichem Ton: ‘Eine glänzende Rede. Gerade das haben wir uns gewünscht: mehr revolutionären Geist in der Bewegung’. Gewöhnlich kommen Proletarier mit sympathischen, ehrlichen Gesichtern; sie schimpfen auf die führenden Leute, sind voller Enthusiasmus und Glauben an die Massenbewegung

‘Die amerikanischen Arbeiter vermögen keine Opfer zu bringen’, beklagen sich die Deutschen über sie. ‘Da haben sie gerade erst eine Gewerkschaft organisiert, doch statt zunächst durch ordentliche Beitragszahlungen die Kasse zu stärken, zetteln sie gleich einen Streik an.’

Eine typisch deutsche Argumentation: Die Organisation ist Selbstzweck.”

Alexandra Kollontai: Aus dem amerikanischen Tagebuch 1915

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Sternstunden des TV-Journalismus (II)

Jede Woche erscheint eine Zeitschrift, die sich “die aktuelle” nennt. Das Blatt der Funke Mediengruppe berichtet eigentlich über “VIPs und Königshäuser”. Science-Fiction Filme gehören bestimmt nicht zu den Themen, die oft im Magazin besprochen werden. Tode sind Anlass für einen Nachruf, der “‘Prinzessin Leia’ aus den ‘Star Trek’-Filmen” erwähnt. Nicht einfach, die beiden größten Franchises aus dem Bereich Science-Fiction zu trennen, wenn ansonsten Prinz Harry, Krebserkrankungen und Ehedramen im Mittelpunkt stehen.

Faksimile aus der Fachzeitschrift

 

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Donald, Drogen, Zionisten

“Kämpfende Jugend”: Zentralorgan des Jugendverbandes der “Kommunistischen Partei Deutschlands” (KPD/AO), die zwischen 1970 und 1980 für “ein unabhängiges, vereintes und sozialistisches Deutschland” eintrat. Ihre Mitglieder, die sich als proletarische Kader_innen inszenierten, glorifizierten den chinesischen Staatskapitalismus. Hass gegen Israel vermengte sich mit völkischen Positionen. Mythen dienten der Untermauerung des Standpunkts. Der Zionismus, Comicfiguren und berauschende Substanzen erregten den Unwillen des Jugendverbandes. Heute feiern derartige Positionen, auch durch die Propaganda von maoistischen Jugendbanden, ein unschönes Comeback.

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Sternstunde des TV-Journalismus

Im Dezember 2015 empfiehlt ein Redakteur des NEON Magazins die französische Serie “Les Revenants”. Der Serientipp endet mit einem falschen Hinweis: “Ein US-Remake ist natürlich bereits in der Mache.” Hätten sich der Redakteur oder seine Redaktion die Mühe gemacht, eine Suchmaschine zu verwenden, wäre dieser Satz wahrscheinlich nicht im Heft gelandet.

Das Remake wurde bereits ab Ende 2014 (!) durch den amerikanischen Sender A&E produziert. In den USA wurde die Serie seit dem 9. März 2015 (!) ausgestrahlt. In Deutschland konnten Kundinnen und Kunden des Streamingdienstes Netflix bereits am 10. März 2015 (!) auf die erste Episode zugreifen. In den kommenden Wochen wurden sämtliche Folgen des Remakes freigegeben.

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