Die verschwörungsideologische Band „Die Bandbreite” machte in der vergangenen Woche durch einen kuriosen Videoaufruf auf sich aufmerksam, indem sie dazu aufrief, zwei unliebsame Dozenten der FH Düsseldorf aus dem Amt zu vertreiben.
In dem zwölf Minuten langen Video redet sich der Sänger der Band, der Duisburger Marcel „Wojna” Wojnarowicz, in Rage. „Sie bestrafen Dissidenten”, jammert der Sänger. In seinem ausgiebigen Monolog kritisiert er den Umgang mit seiner Band und stilisiert sich und seine Anhänger_innen zu Opfern fieser Machenschaften.
„Ich könnte es euch nicht verübeln, wenn ihr den Rücktritt der beiden Dozenten fordert”, drängt der Sänger der Band seine Fans. Im Video wird eine E-Mail-Adresse der FH Düsseldorf gleich mehrmals eingeblendet.
Zuvor waren in einem Hochschul-Seminar namens „Musik des Widerstandes” die Inhalte und Aussagen der Band durch zwei Studentinnen thematisiert worden. Diese hatten sich mit der verschwörungsideologischen „Wahrheitsbewegung” befasst, die verschiedene historische Ereignisse umdeutet. Die Band „Die Bandbreite” liefert den Soundtrack zu den populären Verschwörungsmythen dieser selbsternannten „Bewegung”.
Das Referat, das letztendlich schriftlich ausgearbeitet wurde, beschäftigt sich mit der „Musik der Wahrheitsbewegung”, kolportiert aber allem Verschwörungsideologie. Es handelt sich um ein Werbepapier für die Band und ihre Inhalte. Diese würde „melodischen HipHop, Pop und Rock” produzieren und inhaltlich „eine Fülle von Informationen” liefern, heißt es in der Ausarbeitung.
Der 11. September sei „Selbst Gemacht” gewesen lautet eine These der Band, in einem anderen Lied wird die Behauptung aufgestellt, dass der israelische Geheimdienst Mossad über die Anschläge in London informiert gewesen wäre und diese Informationen nicht weitergetragen hätte. Für weitere Ereignisse, wie den japanischen Angriff auf Pearl Harbour, macht die Band amerikanische Institutionen verantwortlich.
Im Intro der neuesten CD, „Reflexion”, ist die anti-feministische Ikone Eva Herman zu hören, die — in den mittlerweile eingestellten verschwörungsideologischen Kopp-Nachrichten – einen Aufmarsch des Verschwörungsmilieus bewarb, an dem auch die Band beteiligt war. In einem Lied auf dieser CD wird die Behauptung aufgestellt, dass die Immunschwächekrankheit AIDS in einem Labor entstanden sei, um die„Ausrottung der Afrikaner” zu betreiben. Es handele sich um „sexistische, antisemitische und NS-relativierende Songtexte”, kritisieren antifaschistische Gruppen.
Die Band verpackt derartige Verschwörungsmythen in sich nicht immer reimende Reime, um sie dort vorzutragen, wo derartige Thesen gerne gehört werden. So zum Beispiel im vergangenen Jahr auf einer Veranstaltung gegen die Bilderberger-Konferenz, der Verschwörungsideologen eine unglaubliche Macht nachsagen. Dort hielten Politiker der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei die inhaltlicheren Reden.
Gegen Ende des Jahres 2011 stellte der Sänger der Band, Marcel Wojnarowicz, seine Lieder in dem Online-Radio „Wake News” vor. Der Betreiber behauptet auf der Internetseite des Online-Senders unter anderem, dass die Mitglieder der englischen Königsfamilie und Kate Middleton Juden seien. „Gibt es hier wieder so eine Art Inzucht-Hochzeit blutsverwandter Seelen“, heißt es in einem unverhohlenen antisemitischen Jargon auf der Internetseite des Online-Radios, dem der Sänger der Band „Die Bandbreite” zum Interview zur Verfügung stand.
Dort findet sich die Behauptung, dass die Bundesrepublik lediglich eine „GmbH” der Alliierten darstellen würde. „Deutsches Volk in Knechtschaft und Erzwingungshaft“, heißt es hier. Es handelt sich um einen beliebten Mythos der Verschwörungsszene. Das Spektrum der rechten „Reichsbürger” versucht auf diese Weise die Staatlichkeit der Bundesrepublik in Frage zu stellen, um die Fortexistenz des „Deutschen Reiches” zu beweisen. Außer dem Sänger der Band „Die Bandbreite” finden sich zahlreiche Propagandist_innen dieser Theorie, die dem Online-Sender gerne ein Interview geben.
Doch von derartigen Tatsachen war in dem Seminar nichts zu hören. Stattdessen hatten die beiden Studentinnen ein vollkommen unkritisches Interview mit dem Sänger der Band, Marcel „Wojna” Wojnaorwicz geführt und wollten ganze elf Songs und Songausschnitte der Band präsentieren. Bei dieser Werbeveranstaltung für die Band „Die Bandbreite” kam es daher zu durchaus verständlicher Kritik durch andere Kommiliton_innen. Die vortragenden Studentinnen wurden aufgefordert, ihr Referat in schriftlicher Form einzureichen.
Es handele sich um eine „brilliante Hausarbeit”, behauptet der Sänger in seinem Anklage-Video. Dieses ist entstanden, weil die schriftliche Ausarbeitung negativ bewertet wurde. „Ein absoluter Witz”, ruft der Sänger wütend in die Kamera. Die Ausarbeitung wurde zeitgleich auf der Internetseite der Band veröffentlicht.
Diese Arbeit stellt eine unverhohlene Werbung für die Ideologie der Verschwörungsszene dar. Hier werden die Internetseiten der „Wahrheitsbewegung”, zur Werbung für die „Wahrheitsbewegung”, herangezogen. Als Quelle dient unter anderem die strukturell antisemitische Internetseite „Alles Schall und Rauch”, die nationalistische Verschwörungsplattform „Infokrieg.tv” und die Theorien der Gruppe „Arbeiterfotografie”, die anlässlich des Erdbebens von Japan von einer geheimen Erdbebenwaffe träumte.
Eine weitere Quelle sind die Thesen des Elias Davidsson, der in der Vergangenheit auf einer Veranstaltung der rechten Burschenschaft „Normannia-Niebelungen” auftrat. „Ich bin radikaler Antisemit und stolz darauf”, schreibt Davidsson in einem aktuellen Bekenntnis. Außerdem wird sich auf den Verschwörungsideologen Alex Jones berufen, der sich als „freiheitsliebender patriotischer Verfechter der konstitutionellen Republik der Vereinigten Staaten” versteht. Jones möchte gegen die „kommunistischen Banken” vorgehen und ruft zur Vereinigung von Occupy– und Tea Party-Bewegung auf.
In der Arbeit finden sich zahlreiche formelle Fehler und methodische Mängel. So werden die Namen verschiedener Verschwörungsideologen und Institutionen falsch geschrieben. In einem Fall verweist die Quellenangabe lediglich auf eine Antwort-E-Mail eines Verschwörungsideologen. „Angegeben wurden dabei nur die Betreffzeile und die Uhrzeit der Versendung. Allein dieses Quellenverzeichnis wäre bei den meisten DozentInnen wohl ein Grund für eine schlechte Benotung”, heißt es in einem Artikel der „Bochumer Stadt– und Studierendenzeitung”.
Doch mit derartigen Fakten möchte sich die Band nicht befassen. Sie inszeniert sich und ihre Anhänger_innen als Opfer fieser Machenschaften und ruft zur Kampagne auf. Es sollen „E-Mails und Beschwerden„verschickt werden: „Es besteht eine Vergleichbarkeit zur Situation im Dritten Reich”, wütet ein „Arbeitskreis Spiritualität & Therapie” prompt in einem Brandbrief. Nun droht droht sogar ein kleiner Aufmarsch der „Bandbreite”–Groupies. „Spätestens, wenn wir die erste Demo vor der FH starten, wird man uns anhören”, schreibt die Band auf ihrer Facebook-Seite. Vielleicht wird also ein wütender „Wojna” Wojnarowicz mit einigen Fans vor der FH Düsseldorf protestieren.