Der ehemalige ARD-Moderator Jürgen Fliege bewarb bereits in seiner TV-Sendung jede Menge esoterischen Humbug. Das hat sich bis heute nicht geändert. Fliege talkt zwar nicht mehr in der ARD, ist aber über das Internet in seiner „Fliege Talkshow“ zu sehen. „Die Wege der Seelen“ oder „Die Grenze zum Spirituellen überwinden“, lauten nur einige Themen der Sendung.
Außerdem gibt der ehemalige Pfarrer sein eigenes Print-Magazin heraus: „Fliege. Helfen-Heilen-Horizonte“, lautet der Name dieses Magazins, mit dem esoterische Themen und Produkte beworben werden. Dort beschäftigt sich Jürgen Fliege beispielsweise mit „Mutter Erde“, die an „Kraftorten“ besonders intensiv erlebt werden kann. Für das Magazin schreibt aber auch die ehemalige CSU-Rebellin Gabrielle Pauli, die Gründerin der zerstrittenen Kleinpartei „Freie Union“. Sie ist Kolumnistin für die Zeitschrift des Jürgen Fliege.
Fliege bewirbt geschäftstüchtig verschiedene esoterische Produkte auf seiner Internetseite. Ganz besonders absurd ist „Fliege Essenz“, die ein „geweihtes Wasser“ darstellen soll. In der Essenz seien „heilige Kräfte, die Trost, Hoffnung und Liebe spenden“ vorhanden, heißt es auf der Internetseite des Jürgen Fliege:
Ich habe über sie gebetet wie über Weihwasser. Ich habe immer wieder meine Hände aufgelegt, um den Trost und die Kraft in die Essenz zu senden. Sie soll ein Segen sein.
Dieser „Segen“ kostet ganze 39,95 Euro. Für diesen stolzen Preis gibt es 95 Mililiter der „Essenz“. Die Kosten für einen Liter „Fliege Essenz“, ein „Bioregulat“, belaufen sich damit auf 420 Euro.
Fliege bietet allerdings auch andere esoterische Produkte an. So zum Beispiel „Symbiontic“ der „Dr. Niedermaier Pharma GmbH“. Diese Firma produziert ebenfalls ein „Bioregulat“. Es handelt sich um das bekanntere „Rechtsregulat“, das in vielen Naturkostläden zu erwerben ist. Wie die „Fliege Essenz“ wird das „Rechtsregulat“, von dessen scheußlichem Geschmack sich der der Autor im Selbstversuch überzeugen konnte, aus vergorenen Ingredienzien hergestellt.
Bei der „Fliege Essenz“ handelt es sich um eine durch Gebete und Handauflegen gepimpte Version des „Rechtsregulat“, was vom ehemaligen Fernseh-Pfarrer in einem Interview mit der „Evangelischen Zeitung“ eingeräumt wird: „Die Fliegesche Handauflegung und Gebets-Wunderwirkung kostet dem Kunden demnach zwischen 314 und 306 Euro zusätzlich pro Liter“, schreibt das Internetportal „Esowatch“, das sich kritisch mit esoterischen Wahnsystemen auseinandersetzt.
Die „Fliege Essenz“ wird nicht nur von „Esowatch“ kritisiert. Die Sekten-Expertin Ursula Caberta kritisiert den ehemaligen ARD-Moderatoren in ihrem gerade erschienenen „Schwarzbuch Esoterik“. „Er benutzt seine Prominenz, um eine Plattform für Scharlatane zu schaffen“, meint Caberta und weist darauf hin, dass Jürgen Fliege einen obskuren Raumtrockner bewirbt, der von dem bekennenden Scientologen Wilhelm Mohorn vertrieben wird.
„Dieser Raumtrockner soll angeblich Wassermoleküle umpolen, damit sie in der Wand zurück in die Erde fließen“, beschreibt der Tagesspiegel dieses Produkt, das auf den Namen „Aquapol“ hört und mit „gravomagnetischer Energie“ arbeiten soll. Diese „gravomagnetische Energie wurde noch nie in einem wissenschaftlichen Versuch nachgewiesen. Die einzige mir bekannte Referenz bezieht sich auf die Science-Fiction-Serie Mondbasis Alpha 1 aus dem Jahr 1977″. Das merkt der Diplom-Physiker Kolja Prothmann vom Max-Planck-Institut für Physik in München zu diesem Thema an.
Jürgen Fliege fühlt sich durch die Kritik der Sekten-Expertin Ursula Caberta unter Druck gesetzt. Im Tagesspiegel verteidigt sich der ehemalige Fernseh-Pfarrer:
Durch meinen Segen wird das Wasser nicht teurer, und es ist erwiesen, dass gesegnetes Wasser eine bessere Heilwirkung hat.
Noch dreister scheint seine Verteidigung für „Aquapol“. In der „Evangelischen Zeitung“ weist Jürgen Fliege darauf hin, dass er für „die Verwendung meiner Sendung für seine Werbezwecke im Netz und anderswo“ bezahlt worden wäre. Im Tagesspiegel ergänzt er diese Erklärung:
Ich kaufe auch bei Juden. Wir dürfen es doch nicht von der Religionszugehörigkeit eines Händlers abhängig machen, ob wir bei ihm einkaufen!
Jürgen Fliege kauft und verkauft esoterische Produkte wie seine „Fliege Essenz“ oder den Raumtrockner „Aquapol“. Er bewirbt die Produkte eines Scientologen und verteidigt diese Werbung mit der Erklärung, dass er auch „bei Juden“ kaufen würde. Dem vermeintlichen Menschenfreund wird diese ungeheure Verteidigungsstrategie noch nicht einmal peinlich sein. Angesichts der „Fliege Essenz“ und der esoterischen Positionen des Jürgen Fliege sollte dies allerdings nicht verwundern.