Der Kongress des Jens Blecker, der am 02.04.2011 in Hannover stattfinden sollte, ist vorübergegangen. Das Treffen, das Blecker auf den Namen „Kongress der unabhängigen Medien“ getauft hat, ist ein mittlerweile jährliches Treffen der „Infokrieger“-Szene. Blecker ist Betreiber der verschwörungsideologischen Internetseite„Infokrieger-News“ und spricht mit seinen Treffen die Szene an, die sich auf seiner Internetseite ihre tägliche Dosis Verschwörungstheorie abholt.
Auf dem Kongress des „Infokriegers“ Blecker treffen sich Verschwörungsfans, um den Referaten ihrer geistigen Vordenker zu lauschen. Vor allem besteht mit dem Kongress die Möglichkeit, einen Austausch und eine Vernetzung zu betreiben. Das war auch am 02.04.2011 in Hannover nicht anders.
Im Vorfeld hatte Jens Blecker, der als Organisator des Verschwörungstreffens aufgetreten war, den Autoren dieser Zeilen zunächst mit einer Einladung, dann jedoch mit einer Anzeige gedroht, nachdem in diesem Blog auf einige Ideen des „Infokriegers“, sowie die politischen Thesen von einigen Referenten und Bands hingewiesen worden war. Jens Blecker, der von seinen Fans „Cheffe“ genannt wird, schrieb:
„Du wirst nun die Rechnung bekommen für diesen Rufmord, ich denke dort werden auch einige der Referenten sich beteiligen.“
Außerdem wurde auf das „Forum des Infokriegers“ aufmerksam gemacht, in dem die gefälschten „Protokolle der Weisen von Zion“ und andere antisemitische Texte beworben wurden, was zum Löschen des Forums und zu erregten Kommentaren auf der Seite „Infokrieger-News“führte.
Nach diesen – auf das Internet beschränkten – Ereignissen meldete sich die „Antifaschistische Aktion Hannover“, die „Antifaschistische Gruppe Braunschweig“ sowie die kommunistische Gruppe „Fast Forward“ mit einem Aufruf zu Wort, mit dem sie dem verschwörungsideologischen Event eine eindeutige Absage erteilten.
Auf eine Bekanntgabe des Veranstaltungsortes wurde verzichtet, obwohl auf der Seite bis heute angekündigt wird, dass dieser „in Kürze bekannt gegeben“ wird. Diejenigen, die sich angeblich der Wahrheit verschrieben haben, verzichteten auf die Bekanntgabe des Veranstaltungsortes und verhielten sich genau so, wie sie es der angeblichen „Elite“ gerne vorwerfen – man tagte insgeheim und unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Das ging sogar soweit, dass einem Verschwörungsfan, der den Eintritt von 20 Euro bezahlt hatte, der Ort des Treffens verschwiegen wurde, woraufhin dieser sich in den Kommentaren auf „Infokrieger-News“ beschwerte. Am Abend, während des Auftritts des Verschwörungsrappers „Killez More“ , bemerkte „Cheffe“, dass kein Mensch sein klandestines Geheim-Treffen stören würde. Daher gab er den Kongressort im Internet bekannt.
Vorher hatten etwa einhundert Verschwörungsfans, die aus der gesamten Bundesrepublik angereist waren, im Ramada-Hotel in Hannover den Vorträgen der Referenten gelauscht. Ein Bericht im nationalistischen „Ron Paul Revolution“-Blog spricht gar von 215 Teilnehmer_innen.
Einer der Referenten war Andreas Popp, der zu Beginn seines Vortrags davon berichtete, dass er sich „oft geirrt“ habe. Nun wolle er aus seinem jetzigen „Weltbild“ berichten. Popp distanzierte sich vom „Reichsgedanken“, um regionalistische Modelle für „Friesen und Bayern“ zu propagieren. Dem Jargon der „Reichsbürger“ ist Popp allerdings treu geblieben: Große Teile seines Vortrags widmete er der „BRD GmbH“. Dies ist eine Chiffre, mit der rechte „Reichsbürger“, die an die Fortexistenz des „Deutschen Reiches“ glauben, auf Menschenfang gehen.
Ansonsten erläuterte Popp sein Verständnis von Demokratie, die eher an eine autokratische Elitenherrschaft erinnerte. Er sagte unter anderem:
Führer können auch was sinnvolles sein.
Außerdem warnte Popp vor „Völkerwucherungen“ und forderte tatsächlich eine Art Wahl-Führerschein für den nicht anwensenden Teil der Bevölkerung, der er die geistigen Fähigkeit, einen Stimmzettel auszufüllen, absprach. Seinen Vortrag reicherte er des Weiteren mit schalen Witzchen über„eine Westerwelle“ an.
Als weiterer Referent sollte eigentlich F. W. Engdahl auftreten. Der ist ein wichtiger Propagandist der Peak-Oil-Theorie, die davon ausgeht, dass Erdöl „nicht aus prähistorischen Überresten von Algen und Zooplankton stamme, sondern konstant unterirdisch unter ungeklärten Umständen entstehe“. Allerdings war Engdahl wegen einer Krankheit verhindert. Er wurde aus dem Krankenbett zugeschaltet, was nach einigen technischen Problemen gelang.
Vom Krankenbett sonderte Engdahl, der für den rechten, esoterischen und verschwörungsideologischen „Kopp“-Verlag tätig ist, urige Behauptungen über Revolutionen und soziale Revolten ab. Für Engdahl sind diese nämlich durch Geheimdienste gesteuert und ins Leben gerufen worden. Engdahl benannte die russische Revolution (1917) und die „Studentenrevolte“ (1968) als solche Ereignisse, um auf heutige Geschehnisse in Libyen, Ägypten und anderen Ländern zu sprechen zu kommen. Auch hier machte der „Kopp“-Autor die angeblichen Machenschaften der westlichen Geheimdienste als Verursacher der Revolten aus.
Nach diesen und anderen Referenten wurde zum gemütlichen Teil des Abends übergegangen. „Killez More“, der demnächst auf einer Veranstaltung des Reptilien-Verschwörungs-Ideologen David Icke auftreten wird, inszenierte sich einmal mehr als „Infokrieger, im Informationskrieg“. Ihm folgten die Verschwörungs-Pop-Schlager-Hip-Hop-Liedermacher von der Band „Die Bandbreite“, die sich als Opfer von „Hetze“ inszenierten und ein ganzes Lied zum Thema intonierten, mit dem sie sich als Opfer böser Machenschaften imaginieren, weil sie ein Lied über den 11. September geschrieben haben.
Dieses Spektakel wurde von Jo Conrad gefilmt, der als esoterischer Verschwörungsideologe einen Internetfernsehsender namens „Bewusst.tv“ betreibt. Dort darf unter anderem der selbsternannte „Reichskanzler“ Wolfgang Ebel antisemitische Verschwörungstheorien verbreiten: Angela Merkel sei Jüdin und alle Bundeskanzler würden einen israelischen Pass besitzen. Aktuell bewirbt Conrad allerdings den Auftritt von „Killez More“ und der „Bandbreite“ auf der Startseite seines Internet-TV-Senders.
Ob Jens „Cheffe“ Blecker seinen Kongress das nächste Mal wieder in der niedersächsischen Landeshauptstadt stattfinden lassen wird, wird sich zeigen. Vielleicht sucht er sich, wie im Jahr 2010, ein kleineres Provinzstädchen, weil es dort keine Kritik am Verschwörungs-Event gibt. Es bleibt abzuwarten, in welcher Form und an welchem Ort der „Kongress der unabhängigen Medien“ im nächsten Jahr stattfinden wird.