Die Konferenz der Anti-Europäer

Der „Linksnationalist“ Jürgen Elsässer und seine „Volksinitiative“ planen eine„Aktionskonferenz“, auf der die Creme de la Creme der Verschwörungsideologen und Europa-Gegner auftreten sollen, um „Argumente gegen den Euro-Wahn (…) einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen“. Die Konferenz „Der Euro vor dem Zusammenbruch“ soll im „Russischen Haus“ in Berlin stattfinden, in dem die„Volksinitiative“ bereits öfter tagte. Am 25. September 2010 können sich die Teilnehmer_innen, die bis zu 35 Euro bezahlen sollen, von verschiedenen Referenten und der Band „Die Bandbreite“, die gerade einen schwarz-rot-goldenen WM-Song herausgebracht hat, berieseln lassen.

Die Aktionskonferenz der „Volksinitiative“ wird zur Zeit unter anderem durch Jürgen Elsässers Web-Blog und durch eine eigens gestaltete Sonderseite beworben. Der Eintritt soll auf das Konto des Stephan Haube überwiesen werden, der unter anderem als „Volksinitiative“-Redner auf dem antisemitischen „Al-Quds“-Aufmarsch in Berlin (2009) auftrat.

Als Referent wird wird unter anderem Nigel Farage, Europaabgeordneter der rechtspopulistischen „United Kingdom Independent Party (UKIP)“ angekündigt. Dessen Partei wird in Deutschland unter anderem von der rechten Wochenzeitung„Junge Freiheit“ mehr als wohlwollend beobachtet. Im Interview mit dem Blatt wetterte Farage gegen die europäische Union und trat für ein „Europa der Staaten“ ein. Farage empört sich, weil es angeblich keine „Kontrolle über die Zinsen, noch über die Wirtschaft“ geben würde. Das liegt, so Farage im Interview mit dem rechten, verschwörungsideologischen Blog „Alles Schall und Rauch“, unter anderen an der „Bilderberger-Konferenz“. Dieser Konferenz, an der Politiker, Lobbyisten und Manager teilnehmen, sagt Farage eine unglaubliche Macht nach: Die „Bilderberger“ hätten sich Politiker gesucht, die sie nach Belieben steuern können.

„Sie sollen von denen ausgewählt worden sein, damit sie manipuliert werden können und deren Befehle ausführen“.

Farage glaubt an diese Verschwörungstheorie. Er setzt der vermeintlichen Allmacht einer kleinen Konferenz den Willen der„freien Völker“ entgegen, die sich gegen Europa und die „Politkommissare“ zur Wehr setzen sollen. Für ihn ist Europa auf dem Weg eine Art westliche Sowjetunion zu werden. Im Europawahlkampf setzten Farage und seine UKIP auch auf die rassistische Schiene und sprachen von einer angeblich drohenden „Islamisierung“ Englands. Weil die UKIP auf antisemitische Hetze verzichtet und sich zumindest Formal für ein Existenzrecht Israels ausspricht, wurde der angekündigte Auftritt des EU-Abgeordneten Nigel Farage von einigen Anhänger_innen Elsässers kritisiert. So behauptete zum Beispiel Fatima Özoguz, verbandelt mit dem antisemitischen „Muslim Markts“, dass dessen UKIP „zionistisch unterwandert“ sei.

Die anderen Referenten der Aktionskonferenz stammen aus dem deutschsprachigen Raum und dürften vielleicht auch Frau Özoguz gefallen. Da wäre der rechte„EU-Kritiker“Karl Albrecht Schachtschneider, der keine Berührungsängste zu den Rassist_innen von „Pro Köln“hat. Außerdem wird der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler als Referent angekündigt. Dieser hatte Griechenland vorgeschlagen, doch einige Inseln „zu verkaufen“, damit ihre Schulden getilgt werden könnten. Außerdem schwebte ihm vor, den griechischen Staat aus dem Euro-Raum zu entfernen: „Wenn sich jemand reinmogelt, muss es auch möglich sein, ihn rauszuwerfen“ hatte Schäffler gepoltert, und von den armen deutschen Steuerzahlern gejammert, die die „griechische“ Finanzkrise finanzieren müssten.

Außer solchen Personen, die den deutschen Staat und Steuerzahler gegen die Europäische Union mobilisieren wollen, wird auch Andreas Clauss erwartet. Er ist Autor des Buches „Das Deutschland Protokoll 2 – Die wirtschaftliche Vernichtung Deutschlands“. Dort werden Theorien über die„gegenwärtigen Rechtslage und Rechtssprechung in Deutschland“ und über die „Eingeweihten“, die von der angeblichen „wirtschaftlichen Vernichtung Deutschlands“ profitieren würden, verbreitet. Diese„Eingeweihten“ würden die „Krisen“geschickt steuern.

„Und zwar haben wir diese Katastrophen dann alle 60 bis 80 Jahre (…) Das haben die auch ganz geschickt eingefädelt. Warum so lange 60 bis 80 Jahre und warum brauch ich so’ne Zinssätze? Weil alle Menschen, die über die Katastrophen berichten könnten, die sind gestorben, die gibt es nicht mehr“, sagt Clauss in einem Vortrag. Das Buch, in dem ähnliche Thesen verbreitet werden, ist im rechten „J-K-Fischer Verlag“erschienen, der sich auf den antisemitischen Verschwörungs-Guru Jan Udo Holey beruft und diesen als „Vorbild“ und „Freund“ bezeichnet. Im Buch des Andreas Clauss werden neben den einschlägigen antisemitischen Stereotypen auch die Theorien der Reichsbürger propagiert, die in der Bundesrepublik eine „GmbH“ sehen wollen. Kein Wunder: Neben seiner Tätigkeit als Buchautor ist Clauss auch Vorsitzender des Vereins „Autarkes Leben“, in dessen Vorstand er auch auf Thomas Patzlaff trifft, einem „Reichsbürger“ aus Berlin, der sich in den vergangenen Jahren um den Aufbau einer „Feindkartei“ bemühte, in dem tatsächliche oder vermeintliche Gegner_innen des„Reiches“erfasst wurden . Der Verein galt als Koordinationszentrum um das mittlerweile aufgelöste„Fürstentum Germania“, einem Pseudostaat der von alten und neuen Nazis, rechten Esoteriker_innen und anderen Antisemit_innen ins Leben gerufen wurde.

Auf der Euro-Konferenz des Jürgen Elsässer soll auch Andreas Clauss seine Theorien verbreiten können. Dort wird Clauss auch auf alte Bekannte treffen. Schließlich wird die Band „Die Bandbreite“ als musikalische Unterhaltung angekündigt. Clauss und die Mitglieder der Band dürften sich von einer Tagung der „Anti-Zensur-Koalition“ (AZK) kennen, die der Sektenguru Ivo Sasek in der Schweiz veranstaltet. Dort treten Verschwörungsideologen und Holocaust-Leugner auf, um ihre Propaganda den Mitgliedern der Sekte näher zubringen. An einer Konferenz des Sektengurus hatten sowohl Andreas Clauss als auch„Die Bandbreite“ teilgenommen.

Die Band „Die Bandbreite“, die in den letzten Monate auch auf linken Festivals auftreten durfte und aktuell auf einem Mumia Abu-Jamal Sampler vertreten ist, bietet also die musikalischen Ergänzung zu den Theorien des „Linksnationalisten“ Jürgen Elsässer, des Rechtspopulisten Nigel Farage und des Verschwörungsideologen Andreas Clauss, der noch immer vom deutschen Reich träumt. Da verwundert es wenig, dass die Zeitschrift „Eigentümlich Frei“, die laut der antifaschistischen Zeitschrift„Der rechte Rand“ eng in „das publizistische Netz der deutschen Rechten eingebunden“ ist, die Konferenz der „Volksinitiative“ bewirbt.

Die „Aktionskonferenz“ soll am 25. September 2010 in Berlin stattfinden. Elsässer und seine rechten Kumpanen gehen wohl davon aus, dass es sogar Proteste geben könnte. Schließlich warnen sie potentielle Teilnehmer_innen und raten das Auto „NICHT in Tagungsnähe“zu parken. Außerdem werden„Sicherheitskontrollen beim Einlass“ angekündigt, damit kein Mensch diese Konferenz zu stören wagt. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Plan tatsächlich funktionieren wird.

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