Die nationalbolschewistische Tageszeitung Junge Welt berichtete am 14.05.2012 über eine Demonstration in Berlin. Der Autor gab sich viel Mühe, um diese Manifestation der syrischen Regime-Freunde in ein denkbar gutes Licht zu rücken.
In Berlin waren antisemitische und friedensbewegte Demonstrant_innen zusammengekommen, um dem syrischen Diktator und der dortigen Despotie zu huldigen. Auf der Demonstration wurden zahlreiche schwarz-rot-goldene Fahnen geschwenkt. Der verschwörungsideologische Redner Christoph Hörstel forderte, zwischen amerikanischer Botschaft und Holocaustmahnmal, im NPD Jargon:
Germany for the Germans.
Teilnehmer_innen traten Davidsterne in den Staub, ein Redner verdammte den „Zionismus”. Dieser wurde als mächtige Verschwörung dargestellt, die für bestimmte Revolten gegen einige Regierungen verantwortlich sei. Hier wurde also auch antisemitische Propaganda betrieben.
All diese Ereignisse finden sich allerdings nicht in dem Jubelbericht, den André Scheer für die Junge Welt verfasste. Hier wurde stattdessen verharmlost und vertuscht. Scheer schrieb in blumigen Worten von der Demonstration und ließ einige Beschreibungen einfließen, die dem ordinären Leser dieser Tageszeitung erfreut haben dürften.
Die junge Frau in den hautengen Jeans heizt ihren Mitstreitern lautstark ein. »Das Volk will Baschar Al-Assad«, ruft sie in das Mikrofon, das ihre Stimme zu den scheppernden Lautsprechern überträgt.
Man beachte die Wortwahl: Hier wird mit der Darstellung einer jungen Frau, die auf ihre Kleidung reduziert wird, Propaganda betrieben, die der alternden und männlichen Leserschaft dieser Zeitung gefallen dürfte.
Diese Darstellung zieht sich durch den ganzen Jubel-Artikel. Ganz internationalistisch werden die „Mitglieder einer linken türkischen Partei” erwähnt, die sich ebenfalls „an der Aktion” beteiligten. Die Teilnahme eines deutschen Nationalisten, der als Redner auftrat, wird dafür verschiegen, aber das werden die meisten Leser_innen dieser Zeitung sicherlich nicht bemerken. Wer sich für „hautenge Jeans”, alternde Diktatoren und deutschen Internationalismus begeistert, dem dürfte dieser Jubelartikel nämlich gefallen haben.
In der Tageszeitung Junge Welt wurde also ein reaktionärer und antisemitischer Aufmarsch gefeiert. Die Praxis des deutschen Anti-Imperialismus führt eben zu den merkwürdigsten Verbrüderungen, auch mit den Freunden der Despoten und in diesem Fall mit den Fans der Diktatur in Syrien.