Die Draufgänger, so lautet der sinnentleerte Name einer neuen RTL Serie, die auf dem Platz von „Alarm für Cobra 11″ zu sehen ist. Es handelt sich um deutsche Krimikost, bei der ein Ermittlerduo im Mittelpunkt der Handlung steht. Hier würden zwei „humorvollen LKA-Polizisten Dresdens Straßen sicherer machen”, freute sich die BILD-Zeitung.
„Die Draufgänger” ist eine typische Buddy-Serien-Komödie. Bereits der Pilotfilm zählte zu den schlechtesten Erzeugnissen, die der deutsche Serienmarkt bisher hervorgebracht hat. Das ist angesichts der trashigen Konkurrenz, von „Alarm für Coba 11″ bis „Lasko — die Faust Gottes”, auch eine Leistung. Von einer Serie, die von RTL mit dem dumm-deutschen Machospruch „Echte Kerle braucht das Land” beworben wird, ist allerdings auch nicht mehr zu erwarten.
Am vergangenen Donnerstag, den 26.01.2011 warb der TV-Sender, der für Ekel-Sendungen wie „Ich bin ein Star — Holt mich hier raus” oder „Deutschland sucht den Superstar” berüchtigt ist, mit einer wie ganz besonderen neuen Folge des Krimi-Machwerks: Die beiden Ermittler, der eher vorsichtige Familienvater Marcus Maiwald (Jörg Schüttauf) und der mutige Macker Carl Berger (Dominic Boeer) durften in der autonomen Szene ermitteln.
Im Trailer zur Folge waren sprühende Autonome, explodierende Autos und Transparente zu sehen, die an besetzten Häusern hingen. Das klang trashig. Daher habe ich um 20:15 nicht auf Tele 5 gezappt, dort ist gerade die erste Staffel der viel besseren Serie „Star Trek — Das nächste Jahrhundert” zu sehen, sondern auf RTL, um die Folge der Serie zu begutachten, die sich mit den Autonomen befasst.
Zu Beginn der Folge verfolgt das wenig dynamische Ermittlerduo die Tochter des Familienvaters Marcus Maiwald, der besorgt ist, weil seine Tochter nun einen Freund hat, der zum einen viel zu alt und zum anderen auch noch in der linken Szene aktiv ist. Zwischendurch will Kommissar Maiwald ein falsch parkendes Auto mit einem Strafzettel versehen. Als dabei das Auto explodiert, führt die Spur in ein besetztes Haus, vor dem gerade ein weiteres Auto abgefackelt wurde. Dies gehört einem „Spekulanten”Drexler, der die Besetzer_innen vertreiben möchte.
So klischeehaft wie die Figuren sind auch die Transparente vor jenem besetzten Haus: „Tod dem Bullen”, lautet nur eine Parole, die dort zu lesen ist, während dreckiger Punkrock die Straße beschallt. Als die beiden Cops den Tatort erreichen, greifen die palituchtragenden Hausbesetzer_innen gerade die deutschen Bauarbeiter an: Molotow-Coctails fliegen, das dabei fast ein Kind den Serientod stirbt, wenn es nicht vom Polizisten gerettet werden würde, scheint die Hausbesetzer_innen nicht zu stören.
So wird ein Feindbild geschaffen, mit dem der deutsche Fernsehspießer sicherlich kein Problem hat. Zu diesem Feindbild gehört auch eine Hierarchie, die präsentiert wird. Schließlich gibt es einen„Chefbesetzer”, der seine Truppen militärisch führt: „Feuerpause”, brüllt er, als die beiden Polizei-Kumpanen das Haus betreten, um ihm einen Besuch abzustatten. „Chefbesetzer” Lars residiert ganz standesgemäß in einer Art Hauptquartier und sondiert gerade die Karten. Natürlich ist er der Freund der Tochter des Polizeikommisars Maiwald. Man sieht: es ist eine mehr als lächerliche Handlung, die dem geneigten Publikum präsentiert wird.
Zur lächerlichen Handlung gehört auch der Anwalt der Hausbesetzer_innen, der bereitwillig mit der Polizei zusammenarbeitet. Ein weiterer Höhepunkt ist die alte Oma, die ebenfalls im besetzten Haus lebt: „Ich habe den Feuersturm miterlebt, glauben sie, da habe ich Angst vor so ‘nen paar Mollies”, antwortet sie dem Polizisten, während einer Befragung. Dabei war es ihr Enkel, der einige Minuten zuvor fast von einem solchen Molotow-Cocktail getroffen wurde. Der „Chefbesetzer” geht unterdessen sprühen: „Drexler stirb”, malt er auf einer Baustelle des „Spekulanten”. Kein Wunder, dass er wegen des Anschlags gesucht wird. Der erste Freund der Tochter, „ein Terrorist”, erbost sich Kommisar Maiwald.
„Die Draufgänger” ist deutscher Serienstoff, der sich für kein Klischee zu schade ist. Zum Serienstoff gehört es sicherlich auch, dass alles nicht so ist, wie es scheint. „Auf der einen Seite ist die Hausbesetzer-Szene, die zünden eben Autos an”, folgert Kommissar Berger scharfsinnig: „Auf der anderen Seite der Anschlag” auf den „Spekulanten” Drexler. Die Taten haben eben doch nicht so viel miteinander zu tun, wie es die Drehbuchautor_innen den Zuschauer_innen zunächst weismachen wollen. In Wirklichkeit ist wenig überraschend eine andere — zunächst unschuldig erscheinende Person — für den Mordanschlag auf den „Spekulanten” verantwortlich.
Die Drehbuchautor_innen müssen ihr Machwerk in einem Zustand der völligen geistigen Umnachtung geschrieben haben: So viel Dummheit war selten im Fernsehen zu sehen. „Die Draufgänger” gehört zu den schlechtesten deutschen Fernsehmachwerken, die man zur Zeit anschauen kann. Es handelt sich um kaum zu ertragende visuelle Folter, die jeden Donnerstag um 20 Uhr 15 auf RTL zu bestaunen ist.