Verschwörungsrapper auf dem Pressefest

Am Freitag, den 24.06.2011, beginnt das 17. UZ-Pressefest der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) im Revierpark Dortmund-Wischlingen. Auf diesem Fest, das laut Eigendarstellung das „größte Volksfest der Linken“ ist, soll es nicht nur eine Videoschalte zur nächsten Gaza-Flotille geben. Geplant war auch ein Auftritt, der den Unmut verschiedener antifaschistischer Gruppen erregte, die sich mit einem Offenen Brief zu Wort meldeten. Es handelt sich um den angekündigten Auftritt der verschwörungsideologischen Band „Die Bandbreite“, die Leser_innen dieses Blogs vielleicht ein Begriff sein dürfte.

Das Dortmunder Antifa Bündnis hat einige Lieder der Band analysiert und sieht in diesen „se­xis­ti­sche, an­ti­se­mi­ti­sche und NS-​re­la­ti­vie­ren­de Song­tex­te“. Daher forderte das antifaschistische Bündnis die Organisator_innen des UZ-Pressefestes auf, der Band keine Bühne zu bieten.

Eigentlich sollte die Band, die auf verschwörungsideologischen und linken Festivals auftritt, auf dem Pressefest ein Podium geboten bekommen. Auf den Offenen Brief des antifaschistischen Bündnisses folgte keine Ausladung, sondern eine weitere Hofierung der Band, die nun erst recht auftreten soll; zumindest wenn man den Verlautbarungen der Organisator_innen und des Parteivorstands der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) glauben schenkt.

Vor dem UZ-Pressefest war die Band am 10.​06.​2011 auf einer Veranstaltung gegen die Bilderberg-Konferenz im schweizerischen St. Moritz aufgetreten, die vom Jugendverband der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP) unterstützt wurde. Hinter der Bilderberg-Konferenz, bei der Führungspersonen aus Wirtschaft, Politik und Medien zusammenkommen, vermuten Verschwörungsideologen eine „Elite“, die angeblich eine „Neue Weltregierung“ planen würde.

Als Redner auf dieser Veranstaltung der Verschwörungsfans und Nationalisten waren die Schweizer Nationalräte Lukas Reiman und Pirmin Schwander geladen, die ebenfalls der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei angehören. Außerdem war der Verschwörungsideologe Manfred Petritsch (alias „Freeman“) zu Gast, der das strukturell antisemitische Verschwörungsportal „Alles Schall und Rauch“betreibt. „Die Bandbreite“ war für das musikalische Rahmenprogramm zuständig. Auch dieser Umstand wurde im Offenen Brief des Dortmunder Antifa Bündnis erwähnt.

Auf dieser Anti-Bilderberger Veranstaltung in St. Moritz hielt Manfred Petritsch von der Internetseite „Alles Schall und Rauch“ ein ausführliches Referat, weil er von der rechtspopulistischen und rassistischen „Jungen SVP“ darum gebeten wurde. Petritsch warnte unter anderem:

Sie wollen die Nationen auflösen, sie wollen die Grenzen auflösen (…). Genau das ist ihre Absicht.

Der Betreiber von „Alles Schall und Rauch“ fürchtet eine Welt ohne Nationen und Grenzen: „Sie wollen die Länder abschaffen, die Nationalitäten, die Identitäten“, warnte Petritsch sein Verschörungspublikum. „Wir sollen sogar noch Weltbürger sein“, befürchtete Petritsch, um auf die „menschliche Natur“ zu sprechen zu kommen, die dem angeblich entgegenstehen würde: „Wir sind doch keine Weltbürger, das sind doch alles künstliche Konstrukte“, folgerte der Betreiber von „Alles Schall und Rauch“.

Der Sänger der Band ergänzte diese Zeilen mit folgenden Worten:

Ich möchte eigentlich nochmal zur Einheit aufrufen. Ich möchte dazu aufrufen, diese ganzen Vorurteile der Linken, gegen die Wahrheitsbewegung, beiseite zu schieben. (…) Wir müssen zusammenarbeiten, das ist wichtig. (…) Was hinterher dabei rauskommt, was für ein gesellschaftliches System, ist egal.

Hier wurde die Querfront, der Zusammenschluss zwischen Rechten und vermeintlichen „Linken“, die wegen eines vermeintlich größeren Feindes, der angeblichen „Elite“, zusammenstehen sollen, zelebriert.

Die Organisator_innen des UZ-Pressefest und viele Kader der Deutschen Kommunistischen Partei scheinen mit diesem Auftritt der „Bandbreite“ genauso wenig ein Problem zu haben wie mit den Liedtexten der Verschwörungsband. In einem Interview im Parteiorgan Unsere Zeit (UZ), schwadronierte der Sänger von einem „nuklearen Holocaust“ der NATO und inszenierte sich als Opfer einer „antideutschen Kampagne“.

Nachdem Offenen Brief des Dortmunder Antifa Bündnis verschwand „Die Bandbreite“ allerdings aus dem Veranstaltungsprogramm des UZ-Pressefestes. Die Band wurde allerdings nicht ausgeladen, sondern soll nun den Raum bekommen, ihre verschwörungsideologischen Texte in einer Diskussionsrunde zu verteidigen. Das geht aus einer Verlautbarung der Organisator_innen dieser Veranstaltung hervor:

In den letzten Wochen wurde massiver Druck, insbesondere aus dem politischen Spektrum der sogenannten ‚Antideutschen‘, auf den Veranstalter ausgeübt, diese Gruppe wieder auszuladen. (…) Wir haben die Vorwürfe sorgfältig geprüft und halten die Mehrheit der Vorwürfe für konstruiert und Teil einer üblen Kampagne.

Das behaupten die Organisator_innen in einer Erklärung. „Auf Grund diverser Hinweise müssen wir jedoch befürchten, dass es bei diesem Konzert zu massiven Störungen und Auseinandersetzungen kommen wird“. Nur daher würde das Konzert ausfallen. Als Ersatzangebot würde es eine „Diskussion mit Befürwortern und Kritikern“ geben. In einer ausführlicheren Erklärung des Parteivorstands, wird die Band als Teil einer „Vielfalt linker Kultur“ bezeichnet und gegen jedwede Kritik in Schutz genommen. Dort wird unter anderem die krude Behauptung aufgestellt, dass die Nationalsozialisten „in den eigenen Reihen Homosexualität für die Durchsetzung ihrer Ziele zu nutzen“ wussten. Natürlich wird die Unterstellung wiederholt, dass die Kritik an den Inhalten und Auftritten der Band „überwiegend – und dies seit 2008/2009 mit sich ständig inhaltlich wiederholenden Behauptungen – von den sogenannten ‚Antideutschen‘ erhoben werden“.

Der „Deutsche Freidenker Verband“, um den fanatischen „Antizionisten“ Klaus Hartmann, der auf seiner Facebook-Pinnwand auch schon mal Fotos von palästinensischen Kindersoldaten oder brennenden Davidssternen veröffentlichte, ergänzte diese Zeilen mit einer weiteren Pressemitteilung:

Erst einladen, dann dem Druck der zionistischen Radaubrüder nachgeben, das ist ein fatales Signal. Das könnte von anderen rechten Gruppen und Faschisten geradezu als Einladung verstanden werden, mit Ankündigung von Randale Druck auf Veranstalter auszuüben, wer auftreten darf und wer nicht.

Die Band „Die Bandbreite“ wird trotz alledem, entgegen anderslautender Behauptungen, auf dem 17. UZ-Pressefest der Deutschen Kommunistischen Partei auftreten. Ob es dort zu Kritik kommt, bleibt abzuwarten. Immerhin zeigten sich einige Parteimitglieder schwer enttäuscht. So schreibt ein Parteimitglied:

Dass mir jetzt mein eigener PV indirekt vorwirft, Teil einer üblen ‚antideutschen‘ Kampagne zu sein: Ich bin sprachlos und erschüttert. Die Erklärung des Parteivorstandes ist ein Schlag in das Gesicht der Genossinnen und Genossen, die Antifaschismus als Arbeitsschwerpunkt haben.

Den Organisator_innen des UZ-Pressefest, die von einer „üblen ‚antideutschen‘ Kampagne“ halluzinieren, dürften derartige Einschätzungen jedoch vollkommen egal sein. Schließlich haben sie sich mit ihrer Entscheidung für die Querfront-Band sowie ihre Inhalte und Auftritte positioniert. Diese wird am Sonntag, um 13 Uhr auf der Bühne Zwei des UZ-Pressefest auftreten, um ihre Texte und Auftritte zu verteidigen.

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