Die Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft produzieren einen merkwürdigen Trubel, der mit noch merkwürdigeren Ritualen einhergeht. Eines der Rituale besteht darin, in einem farblich geordneten schwarz-rot-gold gekleidet, gleichfarbige Fahnen zu schwenken und sich durch lautstarke Sprechchöre bemerkbar zu machen. Einheitskleidung ist das deutsche Trikot, national die kollektive Psychose.
Die Einheitsmeinung kommt derweil von der „Bild“–“Zeitung“, die eine „Party“, bei der die beschriebenen Rituale praktiziert wurden, als „Mega-Sause“ verklärte. Diese „Mega-Sause“ konnte man am vergangenen Mittwoch im Fernsehen bewundern. Dort moderierte Johannes B. Kerner die Sat.1 Sendung „Deutschland gegen Türkei- Das Duell“.
Mit vielen B, C, D und E Promis nahm der routinierte Moderator das anstehende Länderspiel zwischen Deutschland und der Türkei mit kleinen Partyspielchen à la „Schlag den Raab“ vorweg. Hier standen sich zehn deutsche Promis und zehn deutsche Promis, deren Eltern oder Großeltern vielfach irgendwann als Gastarbeiter_innen nach Deutschland kamen, gegenüber. Die Promis sollten den „Kampf“ zwischen „zwei großen Nationen“ ausfechten, versprach der Sender in seiner Vorabwerbung.
Das versprach zwar keine Fernsehunterhaltung, aber zumindest einen Einblick in die dunklen Abgründe der deutschen Fernsehkultur. Der Sender Sat 1 wollte mit diesem Format zeigen, dass man bei aller Konkurrenz doch gemeinsam feiern könne, doch im Trailer war mehr vom „wir“ und dem „Kampf“, der zu führen sei, die Rede.
Boris Becker, Axel Schulz, Jürgen Vogel und – leider, leider – Christoph Maria Herbst („Stromberg“) waren nur einige Mitglieder der deutschen Nationalmannschaft; einem Gruselkabinett, das noch mehr verschreckte, als die die gegnerische Mannschaft. Die bestand unter anderem aus dem Sat 1 Komiker Kaya Yanar, Erdogan Atalay („Alarm für Cobra 11″) sowie Eko Fresh, der eigentlich Deutsch-Rap produziert.
Nationales Fieber in schwarz-rot-gold und in rot-weiß, dazwischen Johannes B. Kerner, der sich verzweifelt Gehör verschaffen wollte, um die Partyspielchen anzusagen. Da gab es eine Tisch-Tennis-Version oder das neu erfundene Spiel „Autoscooter-Basketball“, allesamt moderiert vom „Sport“-„Moderator“ Frank – „Bushy“ – Buschmann, der auch „Schlag den Raab“ kommentiert. Die Sendung war ansonsten nicht viel mehr als eine „Schlag den Raab“ Kopie; vermischt mit Nationalfahnen und Gesängen, nebst angestrengter Feierlaune, nationalen Parolen und diese nervigen Farben, die man nicht nur zur WM-Zeiten ertragen muss, sondern auch zur besten Sendezeit auf Sat 1.