Mit ihrer neuen Partei wollen sie die „Alternative für Deutschland“ sein. Ein paar erzkonservative und deutschnationale Gestalten haben sich zusammengefunden, um ihren Traum von der Rückkehr zur Deutschen Mark mit einer neuen Organisation Nachdruck zu verleihen. Die „Alternative für Deutschland“ sorgt für Schlagzeilen, das Oberhaupt dieser Gruppierung bewirbt sie zur besten Sendezeit im ZDF. Zuallererst geht es um den Ausstieg aus dem Euro; doch die Unterstützer der Partei vertreten auch deutschnationale, völkische und verschwörungsideologische Positionen.
Voller Freude verweisen die Parteigründer auf einen„wahren Strom an Unterstützung“. Wer einen Blick auf die Liste der offiziellen Unterstützer wirft, dürfte auf verschwörungsideologische Autoren und erzkonservative Politiker stoßen, die die Angst vor Europa eint. Dort fürchtet man eine angeblich drohende Diktatur, die aus der Europäischen Union erwächst. Die Europäische Union scheint ihnen die neue Sowjetunion, Brüssel das neue Moskau und Merkel so etwas wie eine Wiedergeburt des Karl Marx zu sein.
Es sind Personen wie Stefan Milkereit, die nun in der neuen Partei Politik betreiben wollen und die die Angst vor der angeblichen Diktatur anzutreiben scheint. Der Steuerberater aus dem Biebertal sitzt als Beisitzer im Bundesvorstand. Außerdem betreibt er einen Twitter-Account, über den er absurde und belanglose Lebensweisheiten absondert. „Wer tief stapelt, kann nie hoch hinaus kommen“, schreibt er dort. Neben derartig belanglosen Weisheiten finden sich dort aber auch NS-Relativierungen. So zum Beispiel die Behauptung, dass das Löschen von Kommentaren eine neue Form der Bücherverbrennung darstellen würde. Diejenigen, die das „Vaterland“ nicht lieben, würden eine „allgemeine Gefahr“ darstellen, meldet das Parteivorstandsmitglied ebenfalls über Twitter. Der bisherige Höhepunkt aus Tiraden und Phrasen war am 28. November 2012 erreicht. Damals erfand das Parteivorstandsmitglied ein „Multi-Kulti-Gen“ und schrieb in NS-Manier über daraus resultierende „Mutationen“:
Multi-Kulti-Gen führt zu Mutationen und damit zu Krankheiten, die vorher bei Reinrassigkeit nicht vorhanden waren. Wissenschaftlich erwiesen.
Ein weiterer Unterstützer der neuen Gruppierung ist der ehemalige Brigadegeneral Dieter Farwick. Der deutsche Landser tritt als Publizist in Erscheinung. Seine Artikel finden sich unter anderem in der „Preußischen Allgemeinen Zeitung“, dem Sprachrohr der deutschnationalen Landsmannschaft Ostpreußen, die auch in diesem Jahrtausend mit völkischer Brauchtumspflege an die verlorenen Ostgebiete erinnert.
Dort lässt sich Farwick zum Beispiel über den „Konflikt“ im „Nahen Osten“ aus. Er gibt den deutschen Nachhilfelehrer, der die „Zwei Staatenlösung“ empfiehlt und vor einem israelischen Angriff auf den Iran warnt. In dieser Zeitschrift wird – vielleicht im Gegenzug – das Buch des deutschen Militärs empfohlen. „Sein Buch ‚Wege ins Abseits. Wie Deutschland seine Zukunft verspielt’“ sei „eine hervorragende Ergänzung zu Sarrazins Schriften“. Dieses Buch ist im Übrigen im Osning-Verlag erschienen, in dem die deutsche Kriegsschuld durch die altbekannten Präventivkriegsmythen geleugnet wird.
Ein anderer Unterstützer der entstehenden Partei schreibt nicht für den Verlag, dafür aber für eine andere Zeitung der deutschen Rechten. Es handelt sich um Dr. Bruno Bandulet, der als nach eigenen Angaben für die neu-rechte Junge Freiheit schreibt. Außerdem hat er mehrere Bücher verfasst. Einige sind imverschwörungsideologischen und rechtsesoterischen Kopp-Verlag erschienen. Passenderweise verbreitet das ehemalige Mitglied des deutschnationalen Bund Freier Bürger (BfB) geschichtsrevisionistische Verschwörungsmythen:
Kaum jemand weiß, dass Deutschland bis heute vertraglich gebunden ist, sich an die Geschichtsversion der Siegermächte zu halten. (…) Die Verpflichtung Deutschlands, die eigene Geschichte durch eine fremde Brille zu sehen, wurde 1990 vertraglich verlängert!
Dieses Zitat ist Wasser auf die Mühlen der Geschichtsrevisionisten, Antisemiten und Holocaustleugner. Es findet sich daher auf zahlreichen Internetseiten, die von derartigen Gestalten betrieben werden.
Zahlreiche Verschwörungsgläubige beobachten oder unterstützen das neue Parteien-Projekt. Da wären zum Beispiel beiden Aktivisten des „Aktionsbündnis Direkte Demokratie“ aus Stuttgart. Dieser Zusammenschluss um Hansjörg Schrade und Bernhard Seitz organisiert seit einiger Zeit den Kampf gegen Europa, indem man Politiker anzeigt und auf der Straße marschiert. Nun treten Schrade und Seitz als Unterstützer der neuen Partei in Erscheinung.
Zuvor hatte ihre Gruppierung vor einer „Machtergreifung“durch eine ominöse „EU-Diktatur“ gewarnt. In diesem Zusammenhang ging man auch auf die Straße. In Berlin marschierte man vor dem Reichstag auf. Dort beteiligten sich auch einige Kader der Nationaldemokratischen Partei Deutschland (NPD). Auf anderen Aktionen des „Aktionsbündnis“ sprachen die Vordenker des verschwörungsideologischen Milieus: Auf einer Kundgebung hielt Jens Blecker eine Brandrede. Auf dessen Internetseite findet sich auch antisemitische Hetze. Dort ist zum Beispiel von den „beiden Familienclans Rothschild und Rockefeller” die Rede, die die Welt beherrschen würden.
Das neue Parteienprojekt wird außerdem durch Wilhelm Hankel unterstützt. Der verbreitete seine Theorien auch in der National-Zeitung des vor kurzem verstorbenen Nationalsozialisten und DVU-Gründers Gerhard Frey. Ein weiterer Unterstützer ist Karl Albrecht Schachtschneider, der überall dort auftritt, wo man sich vor dem Euro und den dazugehörigen Institutionen fürchtet. Bereits im Jahr 2009 begeisterte er bei die Mitglieder der rassistischen Gruppierung „Pro Köln“.
Mit dem ehemaligen Radiomoderator Ken Jebsen, der für seine anti-amerikanischen und anti-israelischen Tiraden berüchtigt ist, führte Schachtschneider angeregte Gespräche, die der Nachwelt zur Verfügung gestellt wurden. Schachtschneider publiziert ebenfalls im Kopp Verlag. Zahlreiche Unterstützer der neuen Partei stammen ebenfalls aus dem Umfeld des verschwörungsideologischen Verlages, der ihre Machwerke publiziert.
Ein Blick auf diese Unterstützer der neuen Partei macht deutlich, wohin deren Reise gehen wird. Hier geht es um mehr als den Euro. Es geht um eine Sammlungsbewegung, die denjenigen eine Heimat bieten dürfte, die von einem starken Deutschland träumen. Zusätzlich dürfte diese Partei verschiedene Verschwörungsgläubige anziehen, die in der Europäischen Union einen nächsten Schritt zur vermeintlich drohenden Weltdiktatur sehen.
Die anti-europäischen Positionierung dürfte der als kleinster gemeinsamer Nenner sein. Mit ihrem verschwörungsideologischen Populismus gegen die „’Parasiten in Brüssel’“ könnte die „Alternative“ bei den nächsten Wahlen einen Achtungserfolg erzielen. Damit könnte dieser Partei das gelingen, woran andere Kleinstparteien bisher gescheitert sind.
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