Wenn Xavier Naidoo auf irgendeinem x-beliebigen Radiosender „Alles kann besser werden“ plärrt, kämen die abgeneigten Hörer, die entnervt umschalten, wahrscheinlich nicht auf die Idee, dass Naidoo – neben radikaler Religiosität – auch einschlägige Verschwörungstheorien propagiert.
Das betrifft beispielsweise die Deutung des 11. September 2001. In seinem Lied „Goldwaagen“, das auf dem Album „Alles kann besser werden“ erschienen ist, reproduziert Naidoo bekannte Verschwörungstheorien, vom 11. September 2001 bis zu den Anschlägen von London und Madrid: „9/11, London und Madrid, jeder weiß dass Al Qaida nur die CIA ist“, behauptet Naidoo in diesem Song. „World Trade Center Nr. 7, warum ist von dem Gebäude nichts mehr übrig geblieben“, fragt er weiter.
Außerdem wirft er Angela Merkel in diesem Lied vor, dass sie den Eric-M.-Warburg-Preis der „Atlantik-Brücke“ entgegengenommen hätte. Der Verein hat sich der „Förderung des deutsch-amerikanischen Verständnisses“ verschrieben.
Von „Truthern“ und „Infokriegern“ wird der private Verein wie das Bilderberger-Treffen eingeordnet. Beiden wird eine unheimliche Macht nachgesagt. Die nächsten Zeile legen einen Zusammenhang zwischen Preisverleihung und dem Tod des „King of Pop“, Michael Jackson, nahe: „Leider musste an dem Tag der King of Pop von uns gehen, deswegen ist es keinem aufgefallen“, singt Naidoo in seinem Lied „Goldwaagen“. Musikalische Verschwörungstheorien finden sich allerdings nicht nur in diesem Lied.
Naidoos Hang zur verschwörungstheoretischen Verklärung der Welt führte zu einem Interview, das er dem Internetsender „Nexworld“ gegeben hat „Nexworld“ ist ein Internetsender, der verschwörungstheoretische und pseudowissenschaftliche Theorien propagiert. Das Interview führte der Verschwörungsideologe Jan Gaspard, der sich für seine Lieder begeistert.
In seinem Song „Aufklärungsarbeit“ beklagt Naidoo den Irak-Krieg und stellt die rhetorische Frage:
Wann stopfen wir den unverschämten Cowboys das Maul?
Neben solchen Gewaltphantasien konstruiert Naidoo einen Zusammenhang zwischen Osama bin Laden, der am Pool liegen würde und den amerikanischen „Cowboys“, die zumindest gemeinsame Absprachen treffen würden. In seinem Lied heißt es:
Osama wacht morgens ohne Bart auf und reckt sich, streckt sich zweimal, und springt in den Pool. Cowboys rufen an und sagen: ‚Alles ist cool, alles läuft nach Plan, keiner wird etwas erfahren‘.
Kriege sind ein wiederkehrendes Thema in Naidoos Texten. Bereits auf dem Album „Zwischenspiel – Alles für den Herrn“ aus dem Jahr 2002 ist eine Art Friedenslied zu finden, das in der Penetranz an Hannes Wader oder Reinhard May erinnert:
Ich seh Dich an und ich glaub daran, der Krieg ist vorbei irgendwann, dann kehre ich wieder heim zu Frau und Kind, Ich fände Euch, wär ich auch Taub und Blind.
So singt Naidoo in seinem Lied „Alle Männer müssen kämpfen“. An anderer Stelle ist sich Naidoo sicher, dass „Babylon verliert“. Sein Hass auf die Zivilisation findet sich in vielen Liedern:
Diese Welt war verlogen, Diese Welt war nie rein! Sie liegt am Boden um zu sterben und ich lass sie sterben denn ich weiß so soll es sein.
So singt Naidoo in seinem Lied „Ich lass sie sterben“. Diesen Hass auf die Zivilisation betrifft allerdings nicht die deutsche Nation: Während der Fußball-WM 2006 trat Naidoo für die Herren-Nationalmannschaft auf, die seine Lieder auch im Tourbus hörten, was einiges über den geistigen Zustand dieser Mannschaft verrät.
Sein Song „Danke“ verkaufte sich gut. In diesem Lied huldigte Naidoo der deutschen Nationalmannschaft: „Die Zweifler verstummten nach wenigen Stunden“, konstatiert er dort. Naidoo möchte hier „salutieren“ und sieht einen „deutschen Held“, der „vom Kampf beseelt“ ist.
Zwar kritisiert Naidoo, insbesondere mit der Gruppe „Brothers Keepers“, den gesellschaftlichen Rassismus, doch mit Deutschland hat er kein Problem: „Die Kraft, die wir in Deutschland haben, ist unglaublich“, freut sich Naidoo in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“:
Das, was die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg geschafft haben, ist einzigartig.
Naidoo gehört zum musikalischen Mainstream; seine musikalischen Verschwörungstheorien, sein offensichtlicher Anti-Amerikanismus und sein WM-Nationalismus haben seinem musikalischen Erfolg nicht geschadet. Sein Album „Alles kann besser werden“ belegte wochenlang den ersten Platz der deutschen Charts.
Im gleichnamigen Lied verspricht der Rapper „den Himmel auf Erden“. Seine textliche Penetranz und seine musikalischen Nervereien kommen in Deutschland gut an. Für die verschwörungsideologische und esoterische Verklärung der Welt begeistern sich ordinäre Naidoo-Fans und ordinäre Verschwörungsfans gleichermaßen. Verschwörungstheorien sind eben nicht nur die Theorien gesellschaftlicher Gruppen, wie der „Truther“ und „Infokrieger“, sondern finden sich im musikalischen Mainstream.
Die Mischung aus Christentum und der Apokalypse, sowie Antiamerikanismus und Verschwörungstheorien kommen gut an. Christliche Esoterik, Antiamerikanismus und Verschwörungstheorien im Pop-Gewand verkaufen sich gut in Deutschland. Dafür steht Xavier Naidoo wie kein zweiter Musiker.
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