Engel-Propaganda

Die Dezember-Ausgabe der anthroposophischen Szene-Zeitschrift „Erziehungskunst“, die vom „Bund der Freien Waldorfschulen“ herausgegeben wird, macht den esoterischen Gehalt der Waldorf-Pädagogik deutlich. Bereits im Editorial wird der Begründer der Waldorfschulen, Rudolf Steiner, als „bedeutender Vordenker des 21. Jahrhunderts“ gehuldigt. Jener Rudolf Steiner, der von „Volksgeistern“,„Ätherleibern“ und anderen geistigen „Wesenheiten“ halluzinierte, sei nach wie vor „unverzichtbar“. Als Geist sei Steiner sogar bei der „Geburtstagsfeier“, die im schweizerischen Dornach stattfand, anwesend gewesen, behauptet Mathias Maurer im Editorial.

Im Innern der Zeitschrift geht es dann anthroposophisch zur Sache: „Mit den Engeln leben“, „Alltagsregeln für einen gesunden Lebenstil“ oder „Waldorf-Hochschulen sind ein Kultur-Impuls“ lauten lediglich einige Überschriften der Artikel. In denen geht es natürlich wieder um Rudolf Steiner, den Guru der Waldorfschulen. Henning Köhler bemüht den Guru beispielsweise, um auf angebliche „vorgeburtliche Ereignisse“ hinzuweisen. „Es sei unerlässlich , die Dimension der Ungeborenheit mitzudenken“, schreibt Köhler über diese angebliche „geistige Tatsache“. Kinder seien „auf eine neue Art von spirituellen Impulsen durchdrungen“ und würden bereits vor der Geburt „auf das in unserem Kulturraum (…) vorherrschende geistige und soziale Klima“ eingestimmt werden. Auch hier geht es also um die Wahn-Ideen Rudolf Steiners, der statt den sozialen Bedingungen, denen Individuen unterworfen sind, angebliche„vorgeburtlichen Ereignisse“ bemüht, denen alle Menschen, im Rahmen eines „Inkarnationsprozesses“, unterworfen seien. Aber natürlich kritisiert Köhler auch die Bedingungen, mit denen Kinder heute aufwachsen, wenn sie nicht an Waldorfschulen unterrichtet werden. Er warnt unter anderem vor dem staatlichen, „gewöhnlichen Schulleben“ und vor dem unkontrolliertem „Medienkonsum“, die „eine Abstumpfung“ hervorrufen würden. Die „Ursachen“ für „Traurigkeit, Ängstlichkeit“ und„Unzufriedenheit“ würden „tiefer liegen“, schließt Köhler, um genau dort zu enden, wo er seinen Text begonnen hat. Diese Dinge seien eben „oft ‚mitgebracht“ aus vorherigen Leben. Es handele sich um einen„vorgeburtlichen Grundkonflikt“ und um die „spirituelle Leere“, denen die „Seelen“ ausgesetzt seien. Dieser angeblichen „Leere“ möchte Köhler einen „Christus-Impuls“ entgegensetzen. Wer sich für die Texte des„Erziehungskunst“-Autoren begeistert, wird eventuell auch die Werbung beachten, die direkt neben dem Artikel zu finden ist. Köhler hat seine Theorien in zwei Büchern ausgebreitet, die im anthroposophischen„Verlag Freies Geistesleben“ erschienen sind und die neben dem Artikel beworben werden.

Der Anthroposoph Walter Rietmüller beschäftigt sich in einem anschließenden Artikel mit der „Situation von Kindheit und Jugend heute“. Malerisch beschreibt Riethmüller die „Herbstzeit im Waldorfkindergarten“: „Kastanien werden gesammelt (…), es wird vom Erzengel Sankt Michael gesungen und erzählt“, begeistert sich der Autor in der „Erziehungskunst“: „Ein viereinhalbjähriges Mädchen“ sei vom „heiligen Michael“ derart indoktriniert worden, dass es „die Lieder auch zu Hause als Spielbegleitung“ intonieren würde. Das Kind sei durch diese anthroposophische, religiöse Erziehung in „einen größeren Zusammenhang“ eingebunden worden, „der bestimmend wirkt“.

Beachtenswert ist ebenfalls die Werbung für einige Kinder-Zeichnungen, die der Anthroposoph Gerd Kellermann sammelte und mit den Gedichten von Ute Heim in Verbindung brachte. „Wenn Engel bunte Kleidung tragen, gibt es keine Fragen, denn sie zeigen die Schönheit der Welt“, heißt es neben einer Kinder-Zeichnung, auf der wohl ein „Engel“ zu sehen sein soll. „Der Engel, das bin ich“ ist ebenfalls im „Verlag Freies Geistesleben“ erschienen und scheint für die Anthroposophen und Anthroposophinnen gemacht, die tatsächlich an „Engel“ und andere Hirngespinste glauben.

Weniger um Engel, dafür umso mehr Jesus Christus, geht es Andrea Unser, die in der „Erziehungskunst“ über die „Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes“ jammern darf. Dem hält die Anthroposophin, den Advenzkranz entgegen: „Das zunehmende Licht kann zum Symbol werden: Jesus, das Licht der Welt, wird geboren“, schreibt die Autorin. Dieses Symol „wärmt und stärkt uns“, behauptet die Autorin, der angesichts dieser Idee sogar „warm ums Herz“ wird. Sie beschreibt des Weiteren die anthroposophischen Weihnachtsspiele, bei denen Kinder als Engel verkleidet werden. „Dabei erleben sie, welche Kraft von den Himmelsboten ausgeht“, behauptet Andrea Unser, die den lesenden Waldorf-Eltern nahelegt, mit den Kindern die „Heilige Barbara“ zu feiern. Deren Vater habe sich zum christlichen Glauben bekehrt, deshalb sei seine Tochter „ins Gefängnis gesperrt und gefoltert worden“, worauf einige Engel erschienen, die „Barbaras Wunden verbanden“ und sie „heilten“. Mit solchen Fantasy-Storys soll eine „andere Wirklichkeit“, eine „andere Sicht auf die Realität“ vermittelt werden: „Das wird das Leben mit unseren Kindern beleben und bereichern“, schließt Andrea Unser ihren Artikel.

Etwas weltlicher fallen die „Alltagsregeln für einen gesunden Lebenstil“ aus, die Wiebke Kottenkamp für die anthroposophische Engels-Zeitschrift verfasst hat. Sie fordert keinen Engel-Einsatz zur Verklärung der Realität, dafür aber „geregelte Tagesabläufe und Routinen“. Ebenso weltlich fällt der Artikel des Anthroposophen Lorenzo Ravagli aus, der sich ansonsten von „faschistoiden Antifaschisten“ und„rassistoiden Antirassisten“ bedroht fühlt. Der Star-Autor und Redakteur der „Erziehungskunst“, widmet sich verschiedenen Kinder- und Jugendzeitschriften sowie den „Digitalen Welten“.

Für die nächste Engel-Story ist wiederum Johannes Kiersch zuständig, der sich – natürlich – auf Rudolf Steiner beruft. Dessen Texte seien gar „Anleitungen“, mit dem die geneigten Fans des Gurus, ihren und andere Engel erkennen könnten: „Wer so etwas wie die Realität eines ‚Schulgeistes‘ spüren lernt (…) kommt dem Erzengel nahe“, behauptet Kiersch, der auf diese Art und Weise deutlich macht, was für Inhalte an Waldorfschulen vermittelt werden können. Außer einem obskuren „Erzengel“ gibt es allerdings auch noch „Zeitgeister“ und andere Wesenheiten, zumindest in der Waldorf-Welt von Johannes Kiersch. Solche Inhalte sollen allerdings auch an Waldorfschulen vermittelt werden:

Selbst „Liberale Eltern, die weltanschaulich nicht festgelegt sind, werden nichts dagegen haben, wenn die Lehrer ihrer Kinder sich auf Suchwege“ nach Engeln, Erzengeln und Zeitgeistern begeben, behauptet Kiersch. Schließlich würden Kinder an Waldorfschulen „gern mit Bildern von Engeln, wie sie aus den alten Mythenkreisen der Menschheit (…) in unserern Lernplanen hineinspielen“ leben, begeistert sich Kiersch an der religiösen Erziehung im anthroposophischen Sinne. Durch die behauptete Existenz von Engeln und anderen Wesenheiten, würden die Kinder „von der banalen Engstirnigkeit der landläufigen Naturwissenschaft geschützt“, die an Waldorfschulen lediglich eine untergeordnete Rolle spielt. Bei all‘ den Wesenheiten, wie „Engeln“, „Erzengeln“ und „Volksgeistern“, mit denen die Schülerinnen und Schüler indoktriniert werden, sollte dieser Umstand allerdings nicht verwundern.

Angehende Lehrerinnen und Lehrer, die den Waldorfschülerinnen und Schülern, von „Engeln“ und anderen Fabelwesen berichten wollen, werden im ausführlichen Anzeigenteil fündig. Das „Rudolf Steiner Institut“ in Kassel bietet dort die Ausbildung zum anthroposophischen Heilpädagogen an. Andere Waldorf-Institutionen suchen Lehrerinnen und Lehrer, schließlich müssen noch mehr Kinder mit den Märchen von „Engeln“indoktriniert werden. Soviel also aus der obskuren Welt der Waldorfschulen und ihrem Propaganda-Organ, dem Magazin „Erziehungskunst“.

 (Fast) Alle Zitate stammen aus der „Erziehungskunst“, 12/2010.

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