n diesen herbstlichen Tagen brachten der deutsche Sänger Xavier Naidoo und der ebenso deutsche Rapper Kool Savas ein Album heraus. Die beiden bekannten Künstler firmieren dafür als XAVAS, um ihre Musik „in die Wohnzimmer der Deutschen zu bringen”.
Auf dem Album „Gespaltene Persönlichkeit” findet sich schnulzige Liebeslieder: „Der Glanz deiner Augen bringt Sterne zum staunen”, heißt es in einem Lied, der die beiden Sänger geradezu für einen Auftritt bei einem fröhlichen Fest der deutschen Volksmusikanten prädestiniert. Die erste Single, „Schau nicht mehr zurück”, ist derweil bei MTV und VIVA zu sehen. Es handelt sich um einen schmalzigen Track: „Man sollte sich vor gar nichts fürchten”, singt Xavier Naidoo, während sein Kompagnon Savas, der mit stumpfesten Sexismus bekannt wurde, ein paar Reime dazusteuert.
In einem anderen Track wird es christlich: „Satan weiche”, fordert Xavier Naidoo, während Savas vor der „Sünde” und vor „Luzifer” warnt. Die restlichen Tracks der beiden Sänger sind ebenso belanglos und lassen einen Gedanken traurige Realität werden: Wenn Heino und Christian Anders als Deutsch-Rapper in Erscheinung treten würden, muss sich das so anhören wie die Gesänge von Savas und Naidoo.
Eigentlich gibt es keinen weiteren Grund über diesen musikalischen Abgrund zu schreiben, wäre da nicht ein weiterer Titel, der auf dem Album versteckt ist. Es handelt sich um einen Verschwörungstrack, mit dem uralte Ritualmordlegenden ihre Wiederauferstehung feiern dürfen. Hier ist von satanischen Verschwörern die Rede, die „okkulte Rituale” betreiben und dabei kleine Kinder töten. So werden Verschwörungsmythen über einen satanischen Zusammenschluss propagiert, der auf vielen Internetseiten der Verschwörungsszene zu finden ist:
Okkulte Rituale besiegeln den Pakt mit der Macht, Teil einer Loge getarnt unter Anzug und Robe. Sie schreiben ihre eigenen Gebote.
So laute nur einige Zeilen des Liedes, das in den letzten Tagen sogar in der Tageszeitung Die Welt besprochen wurde. In dem Lied wird ansonsten von „Führern” und „Kämpfern” geträumt. Zusätzlich werden Gewaltphantasien geäußert:
Ich schneide euch jetzt mal die Arme und die Beine ab, und dann ficke ich euch in den Arsch, so wie ihr es mit den Kleinen macht.
Es ist nicht das erste Mal, dass Xavier Naidoo Verschwörungsmythen besingt. In seinem Album „Alles kann besser werden”, das im Jahr 2009 erschienen ist, verpackte Naidoo verschiedene Verschwörungsmythen in ein Lied, das er auf den Namen „Goldwaagen” taufte. Hier reproduzierte Naidoo bekannte Verschwörungsmythen, vom 11. September 2001 bis zu den Anschlägen von London und Madrid:
9/11, London und Madrid, jeder weiß dass Al Qaida nur die CIA ist.
Das behauptet Naidoo in diesem Song. „World Trade Center Nr. 7, warum ist von dem Gebäude nichts mehr übrig geblieben“, fragt er weiter. Hinzu kamen antiamerikanische und deutschnationale Texte, mit denen sich Xavier Naidoo ganz eindeutig positionierte.
Ebenso eindeutig war ein Interview im Morgenmagazin der ARD. Dort bezeichnete er die Bundesrepublik al s„besetztes Land”, was von verschiedenen deutschnationalen Verschwörungsfans mit Begeisterung zur Kenntnis genommen wurde:
Deutschland hat noch keinen Friedensvertrag und ist dementsprechend auch kein echtes Land und nicht frei.
Es ist außerdem nicht das erste Mal, das Naidoo von verschwundenen, missbrauchten und ermordeten Kindern singt. Im Jahr 2010 war er in einem Lied zu hören, das auf dem Album „Kopfdisco Olli” des Deutsch-Rappers Olli Banjo zu finden ist. Hier geht es ebenfalls um die Kinder. Naidoo möchte hier die angeblichen Verschwörer belauscht haben und dabei in „Erfahrung gebracht” haben, „was ihr so gerne macht. Hm, ihr fickt gern schwer verletzte Kinder”.
In dem Lied „Mein Weltbild” inszeniert sich Naidoo als„Freiheitskämpfer”. Dort werden die vermeintlichen Verschwörer ganz eindeutig benannt. Am Ende des Liedes brüllt Naidoo:
Bilderberger, wir kommen euch zu holen!
Es sind die typischen Verschwörungsmythen über das Bilderberger-Treffen, dem Verschwörungsgläubige eine unglaubliche Macht unterstellen. Verschwörungsmythen über dieses Treffen mixt Naidoo mit uralten Ritualmordlegenden, deren Aktualisierung er übernimmt. Schließlich wurden derartige Mythen bereits in den 70er und 80er Jahren durch den bekannten Verschwörungsideologen Ted Gunderson propagiert, der eine satanische Verschwörung der „Elite” konstruierte, denen er einen rituellen Kindesmissbrauch unterstellte. Vorher wurden derartige Ritualmordlegenden vor allem in antisemitischen Zusammenhängen propagiert.
Von diesen Ritalmordlegenden, die in eine eindeutigen Traditionslinie stehen, scheint Naidoo überzeugt zu seien. Dies wird auch durch ein Interview deutlich, das er im Jahr 2010 der verschwörungsideologischen Internetplattform „Nexworld” gab. Dort kann sich der geneigte Verschwörungsgläubige, nach Bezahlung von Gebühren, über Ufos, die „Klimalüge” und die Ereignisse des 11. September 2001 belehren lassen.
Naidoo sprach dort aber über die Themen, die ihm am Herzen liegen. „Meine großen Themen sind Dutroux –also der Fall Dutroux– und die vielen Sachen die in Deutschland im Gang sind”. Schließlich habe er eine„persönliche Beziehung” zu dem Fall, weil er „durch diese Ortschaft gefahren” ist, in der Dutroux lebte. In diesem Zusammenhang raunt Naidoo von „Spuren die bis hin ins belgische Königshaus führen” und von der STASI, die in den Fall involviert gewesen wäre. Es sei „egal wie viele tausende Jahre alt diese Rituale alt sein mögen”, geifert Naidoo dort:
Ich finde, sie müssen jetzt aufhören.
Daher sollte neueste Lied, mit dem Naidoo an die uralten Ritualmordlegenden anknüpft, nicht überraschen. Sicherlich wird er auch für diesen Song von vielen Verschwörungsgläubigen gefeiert werden. Vollkommen zurecht sehen „Truther” und andere Verschwörungsfans, die dem Glauben an die angebliche Weltverschwörung verfallen sind, in Naidoo einen Verbündeten, der ihre Mythen aufgreift und einem größeren Publikum zugänglich macht:
„Jeder ‘Verschwörungsthoeretiker’ sollte diese CD im Schrank haben”, schrieb daher ein Nutzer des verschwörungsideologischen Weblogs „Alles Schall und Rauch”. So bewirbt Naidoo also den ein oder anderen Verschwörungsmythos. Der ein oder andere Hörer wird sich sicherlich auf den einschlägigen Internetseiten über die angeblichen Hintergründe informieren, die von Naidoo besungen werden.
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