Zum diesjährigen Osterfest drohen altbekannte Rituale: Während einige Menschen ihren Nachwuchs mit der mystischen Geschichte vom Hasen malträtieren, marschieren andere Personen durch Straßen, um für Frieden zu streiten. Dass es um konkrete Parteinahmen geht, beweisen die diesjährigen Aufrufe zum “Ostermarsch”, die aktualisierte Forderungen enthalten. Einige Organisator_innen kämpfen für eine “neue Politik”, die Appeasement mit dem Islamfaschismus erfordert.
Im “Oster-Aufruf” der “Friedensversammlung Rhein Ruhr” finden sich Forderungen, die jeden Arthur Neville Chamberlain der Gegenwart begeistern. Schließlich verlangen die Organisator_innen, dass “mit allen Konfliktparteien, auch dem IS verhandelt werden” müsse. Der Aufruf aktualisiert Vorstellungen, die in der deutschen “Friedensbewegung” debattiert werden. Thomas Carl Schwoerer, derzeit Bundessprecher der “Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner” (DFG-VK) forderte bereits im Herbst 2015: “Wir müssen mit dem IS verhandeln. Das wird schwierig, aber es wird gehen.”
Organisator_innen in der norddeutschen Provinz argumentieren ähnlich: Der Aufruf zum “Ostermarsch” in Oldenburg benennt keine Gräueltaten des IS. Er schweigt von der Praxis des Massenterrors, der sich in nicht auf das Meucheln von Ungläubigen im eigenen Herrschaftsbereich beschränkt, was die Morde in den europäischen Metropolen verdeutlichen. Die gelebte Praxis – Kinderehen, Sklaverei und Massenmord – scheint für die Veranstalter_innen kein Grund, eine Kritik zu formulieren. Schließlich werden solche Gräuel nicht benannt, obwohl sich der Aufruf in weiten Teilen der Situation in der Region widmet.
Die Organisator_innen, die vor kurzem ein verschwörungsidelogisches Happening veranstalteten, entdecken andere Gründe, die Entstehen und Wirken des IS erklären sollen. Das Vorgehen von “NATO-Staaten” wird als “eine wesentliche Ursache für das Erstarken des Islamischen Staates” beschrieben. Es sei ein “Flächenbrand im Nahen Osten” entstanden, den die deutschen Aktivist_innen löschen wollen: “Lösungen durch Verhandlungen zwischen allen Konfliktparteien einleiten”, fordern die Organisator_innen, die einen Weg zum Frieden kennen wollen, der Verhandlungen mit Mordbanden beinhaltet.
Würden die Vorstellungen dieser Apologet_innen tatsächlich Realität, verhandeln die Schlächter des Assad-Regimes mit den Massenmördern des IS. Kurdische Milizen dürfen zur Lösungsfindung beitragen. Schließlich treten die Aktivist_innen für “Friedensverhandlungen unter Einbeziehung der Kurden” ein. Ob solche Guerilleros, die im Kampf gegen den IS und andere Banden stehen, diesen deutschen Forderungen zustimmen, darf getrost bezweifelt werden. Dann müssten sie mit denjenigen, die von ihrem Tod träumen, um den Frieden verhandeln, den deutsche Aktivist_innen erträumen.
Die insgesamt 31 Kriege und bewaffneten Auseinandersetzungen, die laut Hamburger Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) 2014 auf dem Erdball tobten, kommen im Aufruf nicht vor. Mali, Dafur, Somalia, Pakistan, Afghanistan oder Jemen: Schauplätze blutiger Kriege, die die kapitalistische Ordnung in Permanenz erbricht, spielen keine Rolle. Als Apologet_innen eines spezifischen Appeasements scheinen die deutschen Friedensfreund_innen einem selektiven Pazifismus erlegen, der solche Kriege und ihre Ursachen verschweigt.
Über drei Absätze erstreckt sich dafür ein innen- und außenpolitische Forderungskatalog der Friedensfreund_innen. Werbeeinsätze deutscher Landser in pädagogischen Einrichtungen stoßen verständlicherweise auf Ablehnung. Die Autor_innen des Aufrufs stören sich außerdem an der Außenpolitik eines einzigen und anderen Landes, sodass die eigene, deutsche Nation zu konkreten Handlungen aufgefordert wird: “Die Duldung der israelischen Besatzungs- und Außenpolitik muss beendet werden”, verlangen die Organisator_innen des Osteraufmarsches in Oldenburg.
Sie reproduzieren eine gleichlautende Forderung des “Bundesausschuss Friedensratschlag”, der schon 2016 an seine Regierung appellierte, dass sie die angebliche “Duldung der israelischen Besatzungs- und Außenpolitik beenden” möge. An die Forderung des “Zusammenschluss von zahlreichen Basis-Friedensinitiativen und Einzelpersonen” knüpft das regionale Bündnis an, das in der Vergangenheit durch die sogenannte Linkspartei sowie durch Landtagsabgeordnete der Sozialdemokratie und der Grünen unterstützt wurde. Es scheint, als würde bereits die bloße Existenz israelischer Außenpolitik für Unwillen sorgen, der sich im Aufruf offenbart.
Derzeit wird die Existenz des Judenstaates vor allem durch Terrortruppen wie die Hisbollah und durch Regime wie den Iran bedroht. Dass die ideologische Zurichtung ihrer Anhänger eine mörderische Praxis hervorbringt, denen Israel mit limitierten Mitteln bürgerlicher Außenpolitik begegnen muss, ist eine andauernde Tragödie der kapitalistischen Moderne. Ihm diese rudimentären Mittel zu nehmen, würde diesen staatlichen Raum schutzlos zurücklassen. Israel fehlte ein Instrument, das 192 andere Staaten der Erde wie selbstverständlich benutzen. Glücklicherweise ist der Staat der Shoah-Überlebenden nicht auf die imaginäre “Duldung” angewiesen, die deutsche Aktivist_innen in Stellvertretung für die postnazistische Nation entziehen wollen.
In der Gegenwart führt der Iran mit seinen Rackets bereits einen heimlichen Krieg gegen Israel. Appeasement ist keine Lösung, um diese Antisemit_innen an ihren Plänen zu hindern. Die Forderung nach Verhandlungen mit den Feinden des israelischen Staates ist Wasser auf die Mühlen der Kriegstreiber, die mit anderen Interessierten gegen Israel rüsten. Nicht nur der Ostermarsch in Oldenburg schweigt über diese Akteure des Antisemitismus. Ihr Pazifismus ist, um mit Lenin zu urteilen, ein “Instrument der Kriegsvorbereitung”.
Die geistige Mobilmachung, die in Deutschland überaus erfolgreich ist, kennt konkrete Gegner und nutzt bekannte Instrumente: “Deutschtümelei und die nationale Demagogie” zeichnete die “Friedensbewegung” bereits zu ihren Hochzeiten aus. “Hier ist nichts ungefährlich, nicht mal die Begeisterung für den Frieden”, warnte Wolfgang Pohrt schon 1980. Derzeitige Positionierungen deutscher Aktivist_innen zeigen, wie zutreffend solche Urteile bleiben. Hier bleibt alles gefährlich, vor allem die deutsche Freude am Appeasement.
Offenlegung: Der Autor dieser Zeilen malte vor der Jahrtausendwende ein Transparent, das der hiesige Ostermarsch bis in die vergangenen Jahre verwendete.
Ergänzend dazu: Auf der Koordinierungsseite für die Ostermärsche 2017 https://www.friedenskooperative.de/termine/ostermarsch-2017-in-oldenburg wird als Redner für Oldenburg angekündigt ein Reiner Braun aus Berlin.
Bei diesem Reiner Braun handelt es sich offenbar um einen „Friedensaktivisten“, der seit Jahren eine aktive Zusammenarbeit mit den sogenannten Montagsmahnwachen betreibt. Mahnwacheninitiator Ken Jebsen wurde beim RBB entlassen, nachdem er antisemitischer Äußerungen beschuldigt wurde. Sein Kollege Lars Mährholz macht die US Zentralbank Fed für zahlreiche Kriege verantwortlich. Auch in der illustren Runde, mit der Herr Braun zusammenarbeitet: Compact Herausgeber Elsässer und „Zinskritiker“ Andreas Popp. Ein klassisches Querfrontprojekt also, in dem Herr Braun eine maßgebliche Rolle spielt.
Herr Braun ist Träger des „Bautzener Friedenspreises 2016“, dieser Preis wurde zweimal verliehen: außer Braun bekam ihn noch Mahnwacheninitiator Mährholz.
http://www.aixpaix.de/deutschland/bautzen-20160205.html
Vielen Dank für den Hinweis!
Anonym ist ja ziemlich feige, vor allem wenn man ständig Personen angreift.
Sich mit einem anonymen Schreiber auseinanderzusetzen ist müßig. Man kann sich angesichts einiger Artikel ja nicht einmal sicher sein, ob der Schreiber verdeckter Mitarbeiter des Verfassungsschutzes ist, weil das Interesse, die Linkskräfte und die Friedensbewegung zu spalten und zu schwächen ganz offensichtlich ist. Also: Mit offenem Visier oder lieber gar nicht!
“die linkskräfte und die friedensbewegung”, von denen im artikel die rede ist, “zu spalten und zu schwächen”, ist für jede-n linke_n nicht nur ein hehres ziel, sondern tägliche aufgabe. und bei einem oldenburger “friedens”bündniss, daß in verbalen auseinandersetzungen gegner_innen schon mal mit den bullen oder mit gewalt droht, ist es durchaus legitim, ja geradezu angemessen, so etwas anonym zu schreiben. gegen querfront-gedöns und antisemitische “friedens”-freund_innen!
noch mal auf die anonyme und deshalb feige Seite gegangen – ich bin noch nie gegen politische gegner gewalttätig vorgegangen – habe bisweilen sogar von ihnen gelernt – wozu also so blöde Vorurteile – wozu – außer sich persönlich zu verstecken – diese unheimliche und latent bedrohliche Versteckspielerei ? Anonyme Diffamierung als Geschäftsmodell ? Politisch disqualifiziert sich so etwas selbst. Kann da nur den Mut zum auch persönlichen Bekenntnis empfehlen und sich ebenso persönlich zu outen, wie ihr es von den Kommentator*innen eurer Beiträge verlangt. Kommunikation darf auch diesbezüglich keine Einbahnstraße sein.
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