Gegen die USA – für Russland. Zur Ideologie eines Kreisverbandes

Der hiesige Kreisverband der Linkspartei betreibt nicht nur eine Internetseite, sondern nutzt auch eine Facebook-Präsenz. Auf den Seiten der Linken aus Oldenburg erscheinen Kommentare, durch die die Partei eine gewisse Politik betreibt. Dort verbreitet sie verschwörungsideologische Inhalte. Dabei bewirbt der Kreisverband sogar eine Internetseite, die nationalsozialistische Täter entlastet.

Mausklicks genügen, um auf antisemitische und nationalsozialistische Propaganda zu stoßen. Während der letzten sechs Monate wurden mehr als einhundert Beiträge auf den Internetseiten der Partei publiziert. In diesen Wortmeldungen offenbart sich oftmals Anti-Amerikanismus, der nicht selten mit einer Parteinahme für den russischen Staat einhergeht.

Politiker des Kreisverbandes

Anhand der Verweise auf Politiker der Linkspartei wird deutlich, wie sich die Gliederung in innerparteilichen Machtkämpfen positioniert. Im vergangenen halben Jahr wurde alleine auf der Facebook-Seite 16 Mal auf Beiträge von Oskar Lafontaine verwiesen. So verbreitete die Partei einen Facebook-Beitrag des ehemaligen SPD-Finanzministers, indem die Bundeskanzlerin als „getreue Vasallin der USA“ bezeichnet wird.

Die Inhalte von Sahra Wagenknecht, die ähnliche ideologische Einschätzungen verbreitet, werden ebenfalls vielfach geteilt, Die populistische Ikone wird unter anderem per Online-Petition unterstützt, auf die die Partei im Juli per Facebook-Eintrag hinweist. Durch die Petition wird Wagenknecht zum Opfer innerer Parteikämpfe stilisiert: „Wagenknecht wird von einigen Linken angefeindet, weil sie die richtigen Worte zu Merkels Flüchtlingspolitik findet“. Der Kreisverband der Linken bewirbt nicht nur die virtuelle Unterschriftensammlung, sondern mutmaßt sogar über eine “Kampagne”, um die Partei zu schädigen:

„Diese Schweinereien deuten doch sehr auf eine Kampagne vor den Wahlen gegen die LINKE hin.”

Andere Politiker der Partei werden weitaus seltener erwähnt. Auf wenige Nennungen bringt es der musizierende Bundestagsabgeordnete Diether Dehm, der allerdings am 19. Mai 2016 für den Kreisverband referierte. Schon am 15. Juni verwies die Parteigliederung auf eine Rede des Abgeordneten. Es handelt sich um einen der vielen Auftritte vor Querfrontlern, die auch aus dem Spektrum der reaktionären “Mahnwachen für den Frieden” stammen. In Ramstein brüllte Dehm gegen die Journalistin Jutta Ditfurth und „antideutsche Lügenprofis“ an. Stattdessen forderte der Politiker, der in der Vergangenheit die Solidarität mit der antisemitischen Hamas verteidigte und Sicherheitskräfte für die verschwörungsideologische Band „Die Bandbreite“ finanzierte, den Streit für “Heimat”, “Land” und “wirkliche Heimatliebe”:

„Und deswegen streiten wir für Heimat und für unsere Heimat auch ohne Atomraketen. Natürlich, das ist wirkliche Heimatliebe!“

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Faksimile I: Mit Diether Dehm gegen “antideutsche Lügenprofis”.

Der Kreisverband der Linkspartei bezieht sich wiederholt auf den Kreistagsabgeordneten Andreas Maurer, der sich als “Volksdiplomat” darstellt. Der Kader der Partei, der im nahen Quakenbrück tätig ist, trat auch als Referent für die Parteigliederung in Erscheinung. Dabei wurde die russische Expansionspolitik legitimiert. Im Anschluss schienen sich regionale Akteure als Weltpolitiker zu inszenieren, die die Krim-Krise im Sinne des russischen Staates lösen wollten. Zum Beispiel forderte ein Abgeordneter aus Oldenburg:

“Die Grenze in den Atlanten sollte neu gezeichnet werden und zwar entsprechend den faktischen Verhältnissen, die längst eingetreten sind‘“. 

Neue Zeichnungen in Atlanten verlangte das hiesige Ratsmitglied, dessen Stellungnahme nach der Veranstaltung über die Internetseiten der Partei verbreitet wurde. Vorab verwies die Parteigliederung auf ein Interview, dass der ehemalige CDU-Politiker Maurer dem verschwörungsideologischen YouTube-Portal “KenFM” gab. Während einer vorherigen Reise auf die Krim, über die russische Medien begeistert berichteten, ließ sich Maurer sogar durch ein antisemitisches Portal befragen, dessen Zeichen ein verspieltes Hakenkreuz ist.

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Faksimile II: Andreas Maurer auf der Seite der Linkspartei Oldenburg

Faksimile III: Andreas Maurer im Interview mit einem antisemitischen Onlineportal

Ikonen des Kreisverbandes

Wiederholt bezieht sich der Kreisverband auf Jürgen Todenhöfer. Die Videos und Einschätzungen des Demagogen, der “alle Register” besitzt, “die der moderne Antisemitismus” zu bieten hat, wurden in einem Zeitraum von sechs Monaten mehr als zehn Mal geteilt. So bezog sich die Parteigliederung auf ihren Seiten auf ein Interview, das der ehemalige Bundestagsabgeordnete der CDU in Aleppo führte. Durch das Videointerview mit einem angeblichen Kader der Terrorgruppe “Jabhat Al Nusra”, dessen Authentizität mehr als umstritten ist, wurde den USA und Israel unterstellt, islamfaschistische Rackets zu unterstützen. Vielleicht ist das der Grund, warum das Machwerk auch durch die Parteigliederung verbreitet wurde.

Auf der Facebook-Seite der Linkspartei aus Oldenburg wird sich häufiger auf Personen bezogen, die die USA diffamieren. So verlinkt die Parteigliederung auf ein Interview mit dem ehemaligen CDU-Abgeordneten Willy Wimmer, der dabei gegen amerikanische Militärpolitik polemisiert. Wimmer, der unter anderem für den verschwörungspopulistischen “Kopp-Verlag” tätig ist, trat 2014 auf einer Konferenz des deutschnationalen “Compact”-Magazines auf. Ein weiterer Teilnehmer war damals der erzkonservative AfD-Politiker Alexander Gauland. Andere Veranstaltungen des Magazins, bei dem ein Milieu aus Verschwörungsgläubigen, Nationalsozialisten und AfD-Anhängern zusammenkamen, wurden zeitweilig durch den verschwörungsideologischen Vordenker Ken Jebsen moderiert, dem immer wieder Akteure der Linkspartei für YouTube-Shows zur Verfügung stehen.

Faksimile IV: Willy Wimmer Werbung

Faksimile IV: Willy Wimmer Werbung

Jebsen, ein ehemaliger RBB-Moderator, betrieb durch seine stetige Teilnahme an den “Montagsmahnwachen für den Frieden” eine Positionierung, die an die deutsche Romantik anknüpft. Damals lobte Jebsen den Wald und die Tiere, die “bestens ohne Demokratie zurecht” kommen würden. In einem Online-Beitrag fürchtet der Redner derweil die Entstehung eines “israelischen Großreichs”, das angeblich eine “Endlösung” in “Palästina” anstreben würde. Derartige Dämonisierungen des israelischen Staates, die an die spezifischen Formen deutschnationaler Vergangenheitsaufarbeitung anknüpfen, haben die Verantwortlichen aus dem Kreisverband anscheinend nicht gestört.

Beiträge des umtriebigen Aktivsten teilte die Partei in den vergangenen Monaten mindestens fünf Mal auf ihrer Facebook-Seite. Es wurde zur Unterstützung von Aktionen des Verschwörungsideologen aufgerufen, während der Kreisverband dessen Inhalte verteidigte. Auf der offiziellen Internetpräsenz erschienen derweil Interviews, die Jebsen führte. So scheint dieser Vordenker deutschen Verschwörungsdenkens eine weitere Ikone des Kreisverbandes zu sein, dessen Inhalte gerne geteilt werden.

Die Musik des reimenden Verschwörungsideologen “Kilez More” wird ebenfalls verbreitet, ohne dass auf dessen Vorgeschichte eingegangen wird. In der Vergangenheit trat der österreichische Rapper, der Mythen zum Klimawandel bewirbt, für den britischen Verschwörungsvordenker und Holocaustleugner David Icke auf, der Reptiloiden-Konstrukte verbreitet. Schon 2001 performte der Musikant während einer Veranstaltung, auf der die Nationalräte Lukas Reimann und Dr. Pirmin Schwander von der rechtspopulistischen „Schweizerischen Volkspartei“ (SVP) sprachen.

Faksimile: Hinweis auf das Musikvideo eines Verschwörungsideologen

Faksimile V: Hinweis auf das Musikvideo eines Verschwörungsrappers

Geteilt werden außerdem die Ausfälle des deutschen Comedians Hagen Rether. Über Facebook bewirbt der Kreisverband am 14. und am 16. Mai Videos des Komikers, in denen dieser “Nächstenliebe predigend Amerika den Krieg erklärt” und “die Opfer des islamistischen Terrors verhöhnt”. Außerdem wird ein Video geteilt, in dem Rether gegen „Drecks-Amerikaner“ polemisiert und islamfaschistische Angriffe verharmlost:

„Die Öl-Lobby im Weißen Haus, was hat die für Elend gebracht? America, home of the grave! Vor den Zynikern an der Wallstreet hätten wir mal Angst haben sollen (…). Gegen diese Kapitalverbrecher sind die unterbelichteten Bombenbastler von Al-Qaida ein Furz in den Wind“.

Quellen des Kreisverbandes

Der Kreisverband verwendete zeitweilig ein Banner, das von der Internetseite “Friedensblick” übernommen wurde: „Genauso wie viele Eliten heute korrumpiert sind, sind es auch die Medien“, hieß es seit dem 10. Oktober neben einem Hinweis auf die Internetseite. Unter der Adresse, die durch den Banner des Kreisverbandes beworben wird, werden Mythen zum 11. September und Werbung für die strukturell antisemitische Freigeldtheorie des Silvio Gesell veröffentlicht. Wer diese Adresse eingibt, findet relativierende Konstrukte, durch die der NSU und seine Akteure entlastet werden. Dann ist von „Vorverurteilung“ der Täter die Rede. Dort wird zudem eine perfide Frage formuliert:

„Half Ignaz Bubis (Zentralrat der Juden) dem späteren NSU-Umfeld?“

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Faksimile VI: Facebook-Banners des Kreisverbandes.

Eine weitere Quelle ist der rechte Weblog “Propagandaschau”, der sich für “Pegida” stark macht – und gegen “Lügenpresse” und “Maulhuren des Staates” anschreibt. Mindestens sieben Mal Mal werden in den vergangenen Monaten Beiträge dieses Weblogs auf der Facebook-Seite des Kreisverbandes der Linkspartei verbreitet. So kopiert und bewirbt dieser einen Beitrag, um vor angeblicher “Kontrolle” der Tagesthemen zu warnen. Im verlinkten Text, aus dem die Partei ausführlich zitiert, wird gegen die Alliierten gehetzt, die Deutschland 1945 eine militärische Niederlage bereiteten. Der durch die Organisation beworbene Beitrag schreibt von “gleichgeschalteten westlichen Staats- und Konzernmedien”.

“Hier gibt es tatsächlich seit Jahrzehnten von den Sieger- und Besatzungsmächten des Zweiten Weltkriegs etablierte Organisationen, die man mit Fug und Recht als Logen bezeichnen kann.”

Es sind verbale Verschwörungsphrasen des geschlagenen Nationalsozialismus, die dem Leser, der dem Link der Linkspartei folgt, im beworbenen Beitrag entgegenschlägt, der sich gegen “Herrschaftsmedien” und den Tagesthemen-Sprecher Ingo Zamperoni richtet. Wen wundert es da noch, dass sich die Partei auf die “Deutschen WIrtschaftsnachrichten” beruft, die ebenfalls Verschwörungsmythen kolportiert.

Faksimile VII: Video mit antisemitischer Quelle

Faksimile VII: Video mit antisemitischer Quelle

Zwei Videos des YouTubers “LeFloid” werden ebenfalls beworben, dessen Quelle erneut die antisemitische Internetseite “Veterans Today” war, auf der die industrielle Massenvernichtung der Jüdinnen und Juden als “Holohoax” bezeichnet wird. Am 18. Oktober verbreitet die Gliederung via Facebook einen weiteren Verweis, um auf militärische Interventionen der USA hinzuweisen. Die beworbene Internetseite, “miprox.de”, verbreitet Auszüge aus Schriften Hitlers und Görings. Dabei wird behauptet, „daß in Hitlers Ausführungen (…) leider mehr er- und aufschreckende Wahrheit liegt“. Ansonsten reproduziert die Seite obskure Mythen zum Tod von Michael Jackson, der zum Opfer einer angeblichen Weltverschwörung gemacht wird.:

„Warum sollte Michael ausgeschaltet werden? Er war auf dem Höhepunkt seines Erfolgs. Er hatte zuviel Macht, zuviel positiven Einfluß auf junge Menschen in der ganzen Welt. Er war zu sauber (…) Er war einfach viel zu gut.“

Über die Facebook-Präsenz der örtlichen Partei wurde auf das Machwerk „Thank You for Calling“ hingewiesen. Der Film konstruiert eine Verschwörung von Smartphone-Konzernen, die eine Krebsgefahr durch Mobilfunkstrahlen verschweigen würde: “Anhand von Fakten, Insidern und spannenden Protagonisten rekonstruiert der Film eine groß angelegte Verschleierungstaktik der Mobilfunkindustrie“, heißt es unter dem Trailer, der durch die Gliederung verbreitet wird. Von ähnlicher Qualität sind weitere Quellen, die der Kreisverband nutzt. So wird auf der Facebook-Seite mehrmals auf die Internetseite “Kath.net” verwiesen. Am 20. September wird beispielsweise ein Artikel des christlich-fundamentalistischen Onlineportals beworben, das sich immer wieder auf Artikel aus der “Jungen Freiheit”, einer Wochenzeitung der Neuen Rechten, und auf Beiträge des rassistischen Weblogs “PI-News” beruft.

Faksimile VIII: Warnung vor Mobilfunkstrahlung

Faksimile VIII: Warnung vor Mobilfunkstrahlung

Weitere Quellen, die immer wieder genannt werden, stammen aus Russland. So verbreitet der Kreisverband auf seinen Seiten wiederholt Artikel des russischen Senders “RT” und der Internetseite “Sputniknews”, die zum staatlichen Medienkonzern “Rossiya Segodnya” gehört. Über Facebook und das Onlineportal des Kreisverbandes gelangt die spezifische Perspektive russischer Politik nach Deutschland. Mehr als 30 Mal wird auf “RT”-Beiträge verwiesen, während “Sputniknews” auf der Facebook-Seite immerhin mindestens 14 Mal verlinkt wird. So verbreitet der Kreisverband am 31. Mai ein “RT”-Interview mit Klaus Hartmann, dem Bundesvorsitzenden des “Deutschen Freidenker-Verbandes“. Dieser Akteur setzte sich in der Vergangenheit für den irakischen Despoten Saddam Hussein ein, was nicht benannt wird:

„Freiheit für alle Gefangenen unter der Besatzung des Irak und Palästinas! Und dies schließt ein: Freiheit für Saddam Hussein!“

Wenn die Einschätzungen auf der Facebook-Seite tatsächlich zutreffen, könnten die großen Medien durch eine fast allmächtige Konspiration kontrolliert und korrumpiert werden. Es erinnert an den paranoiden Sprachgebrauch von Pegida-Rednern, wenn der Kreisverband davon schreibt, dass “Systemmedien weiterhin die Massen manipulieren“. Als Beispiele werden eine fehlende Berichterstattung über eine Friedensdemonstration und unterschlagene Fotos von Olympioniken genannt. Die unkritische Übernahme von Inhalten geht oft mit einer Abwertung hiesiger Medien einher.

“In beinahe allen überregionalen westlichen Medien wurde die Demonstration totgeschwiegen! Nicht bei RT Deutsch oder Sputnik.

Tatsächlich berichten unter anderem das ZDF, der RBB, der Tagesspiegel und die Morgenpost über die Aktion, die durch einen Aufmarsch von nationalistischen, verschwörungsideologischen und geschichtsrevisionistischen Aktivisten begleitet wurde. Die hiesige Linkspartei nimmt diese Berichterstattung nicht wahr. Stattdessen werden auf der Facebook-Seite die üblichen Verdächtigen benannt:

“ARD und ZDF lassen sich vor den militärischen Propagandaapparat der USA spannen.“

An anderer Stelle benennt die Partei die Medien, die für die Verblödung deutscher Massen verantwortlich gemacht werden. Es sind “ARD, ZDF, NDR” und andere Fernsehanstalten. Lutz Marmor, Intendant des Norddeutschen Rundfunk, könnte – so munkelt der Kreisverband auf seiner Facebook-Seite – eine wichtige “Rolle” spielen:

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Faksimile VII: Ken Jebsen statt ARD

Inhalte des Kreisverbandes

Auf Facebook meldet sich der Kreisverband zu Wort, um seine Sicht auf das Weltgeschehen zu erläutern. Nur selten werden kommunale Geschehnisse thematisiert. Weitaus häufiger wird auf den Krieg in Syrien eingegangen. Oftmals geht es um “Massenmedien” und “ausländische Mächte”, die zum Krieg treiben würden. Die Partei scheint vor allem ein Feindbild zu kennen, das für die Geschehnisse verantwortlich gemacht wird. Es sind die Vereinigten Staaten von Amerika, die nach Ansicht des Kreisverbandes nicht mehr und nicht weniger als einen “Weltfrieden” gefährden:

Faksimile: Die USA als Gefahr für einen "Weltfrieden"

Faksimile IX  : Die USA als Gefahr für einen “Weltfrieden”

Schon am 20. September wurde die Behauptung aufgestellt, dass die USA in Wirklichkeit für die Rackets des “Islamischen Staates” (IS) verantwortlich seien: “Die USA (…) unterstützen den IS”, hieß es zunächst auf der Facebook-Seite der Partei, während sich erneut auf die christlich-fundamentalistische Internetseite “kath.net” bezogen wurde. Am gleichen Tag radikalisierte der Verantwortliche seinen Gedanken. Nun hieß es, dass es ohne die Vereinigten Staaten “weder den IS noch diesen Krieg gegeben” hätte. So reproduzierte ein Kreisverband auf seiner Facebook-Seite die Kriegsmythen, durch die antiamerikanische und antisemitische Banden zum Produkt der USA gemacht werden.

Die Diffamierung ging mit Glorifizierungen der Pollitik des Assad-Regimes einher. Unter diesem Despoten hätte es “Verbesserungen im sozialen Bereich” gegeben, behauptete ein Schreiber des Kreisverbandes, der auch über die Auslandsverschuldung des Regimes Geschichtsklitterungen verbreitete. Tatsächlich stieg der Schuldenstand zwischen 1970 und 2014 von 278.915.000 US-Dollar auf 4.597.087.000 US-Dollar, während emanzipatorische Kräfte und gesellschaftliche Minderheiten verfolgt wurden. Trotzdem behauptet der Kreisverband durch Copy ‘n’ Paste:

“Syrien hatte zudem keine Auslandsschulden und ging moderat mit Minderheiten um.“

Der moderate Einsatz von Fassbomben, dem tausende Zivilisten zum Opfer fielen, wurde durch die Partei durch einen Waffenvergleich eingeordnet. Indem auf andere Waffen verwiesen wurde, die die USA und ihre Verbündeten angeblich einsetzen, scheinen die Morde verharmlost zu werden: „Im Vergleich zu Fassbomben ist Uranmunition zumindest langfristig viel verheerender.”

Kein Wort der Empathie für die Opfer, die den grausamen und oftmals auch chemischen Angriffen des Assad-Regimes und seiner Verbündeten bislang zum Opfer gefallen sind. Stattdessen existieren Kommentare, durch die die demokratische Opposition in Syrien diffamiert wird. So verbreitet die Gliederung am 19. August diesen Jahres über syrische Oppositionelle ein Pamphlet des Weblogs “Rationalgalerie”:

„Ein Verbrechergesindel, dem man in deutschen Redaktionen das Blut abwischt (…) und deren feige Finanziers nicht Drecksbande heißen dürfen (…). Ihre Komplizen heißen mit bürgerlichem Namen Mister President (..:), während ihr ‚oppositionelles‘ Fußvolk in Syrien den Gestank von Giftgas verbreitet.”

Derartige Einordnungen betreffen manchmal auch bundesdeutsche Politiker. Scheinbar wird deutsche Kriegspolitik und das gefährliche Handeln des mächtigen Landes auf die Machenschaften anderer Staaten zurückgeführt. Dabei avancieren politische Charaktermasken, die in der Realität nationale Kapitalinteressen verfolgen, zu Marionetten anderer Nationen. Am 29. September wird die Behauptung verbreitet, dass Steinmeier und Merkel in Wirklichkeit durch reiche Golfstaaten kontrolliert werden:

„Wer die Frage stellt, welchen Einlfuss Saudi-Arabien und die Golfstaaten in Deutschland habe, wird schnell merken, dass auch Steinmeier und Merkel nach deren Pfeife tanzen.“

Deutsche Politiker erscheinen in den Texten der Parteigliederung oftmals als “Marionetten”, die laut der Facebook-Seite des Kreisverbandes durch “gewisse Interessengruppen” kontrolliert werden. Steinmeier ist – aus der Perspektive der Partei – nicht nur Außenminister des postnationalsozialistischen Nachfolgestaates, sondern vor allem ein “Hampelmann der Scheichs“. Ansonsten überwiegen Einschätzungen, durch die bürgerlichen Charaktermasken zu irrationalen Narren avancieren.

Faksimile X: Einordnung eines SPD-Politkers

Faksimile X: Einordnung eines SPD-Politkers

Der Innenminister sei “bekloppt”, während die geistigen Fähigkeiten der Kanzlerin in Frage gestellt werden: “Hat diese Dame sie noch alle? Ich glaube nicht”, formuliert ein Verantwortlicher der Partei in Berufung auf Lafontaine. Die Kanzlerin sei eine “Schande für Deutschland”. Ein Jargon, der an Stellungnahmen von AfD-Mitgliedern erinnert. Vielleicht folgt daher einer der raren Momente des Widerspruches. Ein Mitglied der Organisation schreibt, ohne dass es zu einer Reaktion von Seiten des Kreisverbandes kommt:

Das ist sowohl inhaltlich als auch im Wortlaut vollkommen unangemessen.“

Nutzer der Seite

Nur in wenigen Fällen werden die Positionen, die der Kreisverband über Facebook, YouTube oder die eigene Internetseite bewirbt, durch Nutzer des Angebots kritisiert. Zwar wird die Facebook-Seite von mehr als 600 Profilen geliked, allerdings kommt es nur selten zu Debatten. Öfter gibt es Zustimmung, die Anti-Amerikaner, Geschichtsrevisionisten und Verschwörungsgläubige formulieren. So fürchtet ein Nutzer den baldigen Tod von Sahra Wagenknecht, indem er an die Attentate auf John F. Kennedy und Jitzchak Rabin erinnert. Zur Verhinderung eines Todes soll “die Masse des Volkes” mobilisiert werden:

“Man kann den Mut von Frau Wagenknecht bewundern. (…) Ddie Frieden wollen, meist eines unnatürlichen Todes sterben, siehe Rabin, Kennedy… Der Mensch muss verstehen, dass solche Menschen wie Frau Wagenknecht (…) Unterstützung durch die Masse des Volkes bedürften.“

Es gibt weitere Beispiele für bestimmte Nutzer, die sich auf der Facebook-Seite der Partei zu Wort melden. Ein Kommentator verweist am 8. September auf die antisemitische Internetseite “Global Echo”. Der Link und der Kommentar bleiben bestehen, obwohl sich die Seite gegen “Crypto-Juden und andere Schweinerein“ richtet. Am gleichen Tag empfiehlt ein Nutzer den Jahresrückblick des Autors Gerhard Wisnewski, der für den verschwörungsideologischen “Kopp”-Verlag” tätig ist. Als die rechten und antisemitischen Politiker Jörg Haider und Jürgen Möllemann aus dem Leben schieden, unkte dieser Autor von Morden. Der Freitod des Politikers Holger Barschel wurde ähnlich umgedeutet. Wisnewski benannte die üblichen Verdächtigen:

Demnach war Barschels angebliche Bespitzelungsaktion gegen den Oppositionspolitiker Engholm von Anfang an vom Mossad inszeniert und Barschel in die Schuhe geschoben worden. Hintergrund dieser Intrige und schließlich der Ermordung sei Barschels Weigerung gewesen, einen illegalen Waffendeal des israelischen Geheimdiensts zu decken.

Ein Buch des Autors, der als Teil einer Reisetruppe mit Vertretern des iranischen Regimes parlierte, wurde auf der Facebook-Seite der Partei beworben, die sich nicht positionierte. Dafür klagt sie am gleichen Tag in ganz ähnlicher Sprache, die an Reden verschwörungsideologischer Querfrontler erinnert. Es würde “manipuliert, desinformiert und viele üble Dinge werden einfach unter den Teppich gekehrt“. Ein Nutzer gab dem Kreisverband in einem Kommentar Recht, der bis heute nicht gelöscht wurde. Stattdessen schweigt die Partei zu dieser nationalsozialistische Positionierung, die sich auf auf der Facebook-Präsenz findet:

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Faksimile XI: Jargon des Nationalsozialismus

Inhalte deutscher Sozialisten

Während verschwörungsideologische Deutungen vor allem auf der Facebook-Seite viel Raum einnehmen, spielen kommunale Themen nur selten eine Rolle. Stattdessen betreibt der Kreisverband eine geistige Mobilmachung gegen die USA, die für den Krieg in Syrien in Haftung genommen wird. Zugleich wird das Bild einer Medienverschwörung gesponnen. Auf den Internetseiten der Parteigliederung wird derweil auf Quellen verwiesen, die durch den russischen Staat finanziert werden. Die Partei greift wiederholt auf die Inhalte der staatlichen “Sputniknews” zurückDer Fernsehsender “RT” gibt vor allem Kadern der AfD, Akteuren von Pegida und Verschwörungsideologen wie Jürgen Elsässer eine Plattform. Der Sender, eine Plattform für Verschwörungsmysthik und Homophobie, wird vom Kreisverband der Linkspartei auf Facebook empfohlen.

Weil Mythen die Analyse der Verhältnisse ersetzen, wird sich ansonsten auf Internetseiten des verschwörungsideologische Milieus bezogen, auf denen antisemitische Verunglimpfungen und Geschichtslügen wie die Leugnung der Shoah zu finden sind. Auf den Seiten der Verschwörungsszene findet sich häufig eine Parteinahme für die Verhältnisse unter Putin, die mit anti-amerikanischen Positionierungen einhergeht, während von einem neuen und unabhängigen Deutschland geträumt wird. Es sind Vorstellungen, die viele Verschwörungsgläubige, Nationalbolschewisten und Linksnationalisten vereint.

Nie wird der Kapitalismus als gesellschaftliches Zwangsverhältnis begriffen, sondern es werden konkrete Akteure mythologisiert, die für Elend, Krieg und Katastrophen in Haftung genommen werden. Es sind Phantasien der Personalisierung, die die ökonomischen und ideologischen Ursachen für kriegerische und soziale Konflikte ausblenden, um nach konkreten Tätern zu fahnden. Solche Zumutungen des regressiven Antikapitalismus werden – nicht nur in grafischer Form – durch die hiesige Linkspartei verbreitet.

Karl Marx polemisierte bereits in jungen Jahren gegen deutsche Sozialisten, die “jeder Niederträchtigkeit” einen “höheren, sozialistischen Sinn” verliehen, obwohl sie doch “ihr Gegenteil bedeutete”. Dass Formen der Niedertracht anscheinend auch in der Gegenwart fortleben, offenbaren die Internetseiten des Kreisverbandes, der sich frei nach Joachim Bruhn als “Teil einer konterrevolutionären Veranstaltung” erweist. Bleibt die Hoffnung, dass diese Veranstaltung von denen gestört wird, die alle Verhältnisse umwerfen wollen, in denen der “Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist”.

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3 Comments

  1. Katrin Nora

    Der Wahlwerbespot wirkt auch wie “der Krieg der Mächte”. Dass der Kinobetreiber Bedenken wegen des Urheberrechts hatte, ist auch Verschwörung oder Kampagne zumindest Zensur!!!1!

    https://www.facebook.com/linkspartei/videos/10153650028250683/

    Reply
  2. Andreas Hollweg

    Der Artikel: „Gegen die USA – fuer Russland. Zur Ideologie eines Kreisverbandes“ ist eine Fleißarbeit des anonymen Autoren, die aber nicht überzeugt. Für Hinweise auf Links zu problematischen Autoren auf unseren Seiten sind wir ja durchaus dankbar. Zumeist argumentiert der Autor aber mit einer Art Kontaktschuld der LINKE Oldenburg. Es würde dieser und jener zitiert oder verlinkt, der schon mal antisemitisches o.ä. gesagt hat. Sorry Leute, so geht’s nicht. Es muss schon das gepostete oder verlinkte Zitat problematisch sein, nicht aber was ein Verlinkter in anderen Zusammenhang irgendwann mal gesagt hat. Der Autor schreibt: Mausklicks genügen, um auf antisemitische und nationalsozialistische Propaganda zu stoßen. Das hat aber mehr mit den Algorithmen von Facebook als mit Rechtstendenzen des Oldenburger Kreisverbandes zu tun.
    Der Autor des oben stehenden Artikels unterstellt der Oldenburger LINKE Querfronttendenzen, die es so nicht gibt. Die LINKE weist zu recht darauf hin, dass es nicht die bösen Bomben des Diktators Assad auf Aleppo, die den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages Norbert Röttgen zu der Aussage hinrissen „Die Folgen- und Sanktionslosigkeit schwerster Kriegsverbrechen wäre ein Skandal“ und die guten Bomben der USA auf Mossul gibt. Die Bomben beider imperialer Mächte (USA und Russland) zielen in der Mehrzahl auf kampfbereite Islamisten und nehmen hohe Opferzahlen von Zivilisten in Kauf. Das Argument die Waffen der USA seien zielgenauer, lasse ich nur bedingt gelten. Der Konkretautor Tomasz Konicz weist zurecht darauf hin, dass die Antideutschen im frühen 21 Jahrhundert, in einer Art Überidentifikation mit dem imperialen Aggressor USA, die fixe Idee etablierten, ausgerechnet die USA sei eine „objektiv progressive“ Wiedergeburt des Hegelschen Weltgeistes. Die von George W. Bush befehligte Invasion des Irak würde mit derselben Verbissenheit als Werk der Zivilisation verteidigt, wie Querfrontler heutzutage selbst die übelsten Verbrechen des Assad-Regimes verteidigen.
    Die Älteren von uns, die aktiv gegen den Vietnam-Krieg der USA protestiert hatten oder sich mit Che Guevara und Salvador Allende verbunden fühlen, kennen den Vorwurf des “Anti-Amerikanismus” bestens. Wir hatten damals gesagt und sagen es heute immer noch: Wir sind nicht gegen das amerikanische Volk, wohl aber gegen den US-Imperialismus.
    Was richtig ist, es gibt in der Linken Traditionslinien die die Interessen Russlands sehr ernst nehmen, das Wort „Putinversteher“ soll diese Sichtweise verächtlich machen. Ich kenne niemanden in der Oldenburger LINKE, der die autoritären und aggressiven Tendenzen der Oligarchie um das Regime Putin nicht deutlich ablehnt. Das wir die regressive Fortsetzung der Orthodoxie der unverbrüchlichen Freundschaft mit den Völkern der Sowjetunion betreiben, ist in meinen Augen reine Polemik. Der Hinweis auf kriegsverschärfende US Diplomatie in der Ukrainekrise und deren Kooperation mit offen faschistoiden Kräften, wie sie auch von der Grünen Europafraktion praktiziert wurde, ist kein Anti-Amerikanismus sondern berechtigte Kritik an der US-Politik.
    Ich muss zugeben, dass wir uns mit der Verlinkung der genannten russischen staatsnahen Propagandasender in noch zweifelhaftere Gesellschaft begeben, als wenn man sich auf die staatstragenden öffentlich rechtlichen deutschen Sender bezieht. Aber Propaganda wirkt nur wenn sie Substanz hat. Es müsste schon nachgewiesen werden, dass die verlinkten Interviews problematisch sind, der Hinweis auf die Staatsnähe reicht nicht aus. Ich war jedenfalls erstaunt Putins Aussagen mal im O-Ton und im Zusammenhang zur Kenntnis zu nehmen, was in den öffentlich-rechtlichen Sendern praktisch nie möglich ist und hatte den Eindruck, dass die Argumentationslinie vergleichsweise defensiv und nicht unüberzeugend war.
    Der Autor findet es irgendwie verdächtig, dass die LINKE Oldenburg die beiden führenden LINKE- Mitglieder Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine so oft zitiert, weshalb das verdächtig sein soll wird aber nicht deutlich. Auch Konicz polemisiert in der Konkret gegen die „national-sozialdemokratische Fraktion der Linkspartei um Sahra Wagenknecht“ die die absteigende, debile Imperialmacht USA in einer Art Eurasischem Alternativimperialismus beerben wolle. Leider belegt auch er das überhaupt nicht.
    Was der Autor völlig ausblendet ist, dass der Facebook Account nur einen kleinen Teil des Spektrums der Oldenburger LINKE widerspiegelt. Vielleicht hat dieser Artikel aber bewirkt, dass wir uns mit unseren Facebook Account mehr beschäftigen, dann hätte er ja doch etwas erreicht.
    Andreas Hollweg

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  3. Nazienkel

    ‘Nur gegen US-Imperialismus’, ‘nicht gegen das Volk der USA’.

    Dann sprecht Ihr Eich auch gegen russischen Imperialismus aus? Wäre mir neu.

    Meine Güte. Natürlich sind Verlinkungen zu Querfrontwilly scheisse.

    Reply

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