Tag Archive: SPD

Auftreten eines Kreisverbands

Der niedersächsische Landtagswahlkampf brachte die zu erwartenden Resultate. So konnten sich Sozialdemokratie und Grüne über den Wahlsieg freuen, während die “AfD” im rechten Flächenland mit einem Ergebnis von 10,9 Prozent mehr als einen Achtungserfolg errang. Offenbar honorierten deutsche Wählende den verschwörungsideologisch aufgeladenen Nationalismus der völkischen Vereinigung, von der sie sich eine ganz besondere Kompetenz bei der Entfaltung einer rassistischen Staatspraxis erhoffen. Als Hoffnungsträger der Hassenden hängten diese Hetzenden inhaltlich ähnlich auftretende Konkurrenz ab.

Achtungserfolg für Corona-Leugnende

Mit einem Anteil von nur 0,1 Prozent aller Stimmen blieb zum Beispiel die rechtskonservative “Deutsche Zentrumspartei”, der es um “christliche Grundsätze für Staat und Gesellschaft” geht, weit hinter der “Alternative” zurück. Ein im Vergleich besseres Ergebnis, das in strategisch planenden Kreisen der “AfD” für größere Besorgnis sorgen dürfte, erzielte eine weitere Gruppierung. Schließlich entschieden sich 45.287 Personen in Niedersachsen, ihre Erststimme der verschwörungsideologisch-antisemitischen Gruppierung “Die Basis” zu geben, was dem recht neuen Projekt aus dem Milieu der Corona-Leugnenden bei der niedersächsischen Landtagswahl einen Stimmenanteil von 1,3 Prozent bescherte.

In einigen Regionen erzielte die Gruppierung, die von maßgeblichen Akteuren aus dem Milieu von Verschwörungsgläubigen gegründet wurde, sogar deutlich bessere Ergebnisse. So konnte sich der “Kreisverband Hunte-Weser-Ammerland”, dessen Mitglieder zuvor über die Hinrichtung niedersächsischer Politiker debattierten, über ein besonders gutes Resultat in Oldenburg freuen. Im urbanen Wahlkreis 62 wählten immerhin 1.257 Personen die Kandidatin der Verschwörungspartei, was zum örtlichen Endergebnis von 3,5 Prozent führte.

In den Vorwochen hängten Mitglieder hunderte Plakate, wobei sich die Gruppierung ein betont bürgerliches Image zulegte. Auf ihren Wahlplakaten forderte die Struktur beispielsweise eine “neue Basis” für “die Medien” und “das Gesundheitssystem”. Weitere Werbung feierte das postnazistische Grundgesetz, während zusätzliche Propaganda lediglich eine Leerstelle in Form einer weißen Fläche zeigte. Es ginge um ein zu schaffendes “Miteinander statt” der nicht näher definierten “Spaltung”, erklärte die Partei mittels eines weiteren Werks. Für welche Inhalte “Die Basis” tatsächlich steht, verrieten die analogen Werbemaßnahmen der verschwörungsideologischen Vereinigung kaum.

Deutlich deutsche Positionierungen verbreitete die Struktur stattdessen digital. Wochen vor der Landtagswahl richtete der Kreisverband schließlich einen Twitter-Account ein, der in der folgenden Zeit reichlich bespielt wurde. Über den Kurznachrichtendienst, der den wenig genutzten Telegram-Kanal ergänzte, stellte die Verschwörungspartei nicht nur ihre Kandidierenden vor, sondern verbreitete auch Inhalte, die sich zum Beispiel im Grad der Menschenverachtung nicht von den Lügen der rechten Konkurrenz unterscheiden.

BRANDSTIFTUNG IM INTERNET

Mehrfach reproduzierte der Kreisverband auf Twitter das Märchen von einem “Großen Austausch”. Dabei log die Gruppierung, dass die “Deutschen (…) durch Einwanderer aus dem Mittleren Osten und aus Afrika” ersetzt werden sollten. Der Mythos von dem durch eine Konspiration vorangetriebenen “Bevölkerungsaustausch” ist seit Jahrzehnten ein zentrales Thema der deutschen Rechten. Schon 1956 warnte der Nationalsozialist Giselher Wirsing in diesem Zusammenhang von einer “Menschenlawine”, welche die Existenz der deutschen Population gefährden würde.

Dem angeblichen “Austausch”, den eine allmächtige Konspiration mittels “Plandemie” umsetzt, möchte die Partei so wie alle Rechten vorbeugen. “Die Basis” fordert Abschiebungen, die sie zum Beispiel einem ehemaligen Mitglied der “Grünen Jugend” mit hasserfüllten Sätzen androht: “Zurück nach Afghanistan – aber flott”, twitterte der Kreisverband der Verschwörungspartei über einem manipulativen Sharepic, welches in rechten Kreisen seit mehreren Jahren zur Erregung des Hasses im Einsatz ist. Dass mit solchem Inhalt, den “Die Basis” verbreitet, meist entsprechende Vernichtungsphantasien einhergehen, beweist der Kreisverband mit weiteren Veröffentlichungen.

Kurz nach der Landtagswahl publizierten die Corona-Leugnenden aus Oldenburg und Umgebung zum Beispiel eine Grafik, die eine Karikatur darstellen soll. Der Anblick einer weinenden Frau, deren blutende Hände von einem grinsenden Germanen auf der Straße festgenagelt wurden, begeisterte die Verantwortlichen offenbar so sehr, dass sie das Machwerk in Form eines Tweets verbreiteten. Auch in diesem Fall lässt sich ein Versehen ausschließen. Eine ähnlich misogyne Darstellung, deren Inhalt aus der sexistischen Beleidigung einer sogenannten Polizeihostess besteht, publizierte die Partei  bereits einen Tag nach der Wahl.

Werbung für Nazis

Wenig später bezog sich der “Kreisverband Hunte-Weser-Ammerland” ganz offen auf die strafrechtlich relevante Propaganda eines NS-Kaders. In einem Tweet verlinkt “Die Basis” auf Ausführungen, die den nationalsozialistischen Vernichtungskrieg umdeuten und die den Holocaust leugnen. In Wirklichkeit, so die wahrscheinlich den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllende Darstellung des Nationalsozialisten, ginge es seit mehr als einhundert Jahren um eine “Vernichtung” des “deutschen Volkes”, wobei der anonyme Verantwortliche einige Namen von Juden nennt, weil er aus seinem zur Notwehrhandlung geadelten Antisemitismus kein Geheimnis macht.

Dass der hiesige Kreisverband der “Basis” die nationalsozialistische Propaganda eines  antisemitischen Hetzers bewirbt, ist kein Zufall. So retweetete der örtliche Ableger der Verschwörungsgläubigen vielfach die Propaganda von rechten Populisten. Videos des britischen Anti-Europäers Nigel Farage teilte die Struktur etwa in Form mehrerer Tweets. Einen von Rassismus strotzenden Beitrag des FPÖ-Kaders Harald Vilimsky, dessen postnazistisches Projekt immer wieder mit Darstellungen von sinistren Migrierenden mit langer Hakennase hetzte, retweetete die Verschwörungsstruktur derweil.

Vielfach reproduzierte der Kreisverband inhaltlich ähnliche Wortmeldungen aus den Reihen der “AfD”. Einen Beitrag aus dem “Compact”-Magazin, das der antisemitische Brandstifter Jürgen Elsässer verantwortet, verbreitete die Struktur zwischendurch. Wortmeldungen eines Verschwörungstexters, der die Twitter-Sperrung des Putschisten Donald Trump mit der Ermordung des Präsidenten John F. Kennedys gleichsetzte, bewarb die Partei ebenso wie die aktualisierten Erzählungen von weiteren Profiteuren aus der deutschen Verschwörungsindustrie, die signifikante Stichwortgebende des grassierenden Wahns sind.

BASIS für Zukünftiges

Der derzeitig grassierende Irrationalismus nutzt die Corona-Pandemie und den Krisen-Kapitalismus, um Interessierten einen Einstieg zu ermöglichen. Fortgeschrittene erlernen klassische Codes und Chiffren, die dem verschwörerischen Raunen eigen sind. Wortführende müssen die angeblich Verantwortlichen der “Plandemie” nicht zwangsläufig identifizieren. Weil ihr Antisemitismus auch immer das Gerücht über Jüdinnen und Juden ist, können sie es bei entsprechenden Andeutungen belassen.

So wie die Vorsprechenden des Antisemitismus raunt der Kreisverband von einer angeblichen Elite aus “Globalisten”, was unbestritten ein “antisemitischer Topos” ist. Damit spricht die örtliche Dependance der “Basis” die an eine Weltverschwörung glaubenden Verhetzten an, während er die breite Masse wohl weiterhin mit auf den ersten Blick harmlos erscheinenden Werbeparolen auf Wahlplakaten bedient. Ob diese Kombination weitere Stimmengewinne bei kommenden Wahlen bringen wird, ist noch nicht gewiss.

Sicher ist aber, dass die Online-Inhalte im Wahlkampf weder von lokalen Publikationen noch von verbliebenen antifaschistischen Strukturen oder gar von bürgerlich-demokratischen Parteien kritisiert wurden. Stattdessen blieben angebrachte Intervention in Oldenburg größtenteils aus, während die örtliche Presse ihre verharmlosende Berichterstattung fortsetzte und die örtliche “Volkshochschule” eine “Die Basis”-Kandidatin zum Plaudern einlud. Vielleicht trugen auch diese Umstände zum guten Abschneiden des antisemitisch-verschwörungsideologischen Projekts in Oldenburg bei.

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Soldat der Querfront

Ostern ist ein ritualisiertes Fest, das deutsche Kleinbürger_innen erfreut. Alte Linke zieht es in die Innenstadt meiner kleinen Provinzmetropole, die manchen Menschen im ländlichen Ostfriesland als Anlaufstelle der Zivilisation gilt. Jedes Jahr mobilisiert das “Oldenburger Friedensforum” zum Ritual für bewegte Einheimische, die in und um die norddeutsche Kleinstadthölle leben. Zum diesjährigen “Ostermarsch” brachte die langjährige Veranstaltungsleitung eine sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete als Vorsprecherin in die Stadt. Sevim Dagdelen trug in den letzten Jahren mit verschwörungsideologischen Positionen zur Unwählbarkeit ihrer Gruppierung bei. Die Linkspartei-Deputierte erhielt rhetorische Unterstützung durch einen ehemaligen Berufssoldaten, der in der Vergangenheit für verschwörungsideologische Organe wie das deutschnationale “Compact”-Magazin schrieb.

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Der Abend der Sozialdemokratie

Oldenburg: Ansammlung von Häusern in der Grenzregion zu Ostfriesland. Besorgte Bewohner_innen betreiben anti-israelische Debatten, die Leserbriefspalten, Weblogs und Kommentarfelder füllen. In den vergangenen Monaten urteilten sie über Israel, weil sich ein hiesiger Pädagoge als Aktivist der antisemitischen Bewegung “Boycott, Divestment and Sanctions” (BDS) inszeniert. Nun wurde auch unter Sozialdemokrat_innen über den Aktivisten, die Boykottkampagne und Israel gesprochen.

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Comics gegen Drogen

Einen ganz be­son­ders ka­put­ten Film be­ka­men die Zu­schau­er_in­nen An­fang der 90er Jahre bestaunen. Die „Ro­nald McDo­nald Kin­der­stif­tung“ pro­du­zier­te, unter an­de­rem in Zu­sam­men­ar­beit mit „Dis­ney“ und „War­ner Bro­thers“, einen Film, der die Ju­gend­li­chen und Kin­der von il­le­ga­len Dro­gen aller Art ab­hal­ten soll­te.

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Der Auftritt

Die Abgründe der deutschen Occupy-Bewegung sind nicht zu übersehen: Da wären zum Beispiel die Holocaust-Leugner im Occupy-Camp in Düsseldorf, der Querfront-Auftritt eines Occupy-Aktivisten in Berlin und die NS-Apologie in Frankfurt. Dort empfiehlt ein Occupy-Camper den Besucher_innen die ersten Jahre des Nationalsozialismus als Orientierungsmodell.

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