Dorfkritik

Scheiß Provinznest!

Der Waldorf-Heiler

Er ist eine lebende Legende der Waldorf-Fans, die in der niedersächischen Kleinstadt Oldenburg zahlreiche Institutionen, wie zum Beispiel die örtliche Waldorfschule, gegründet haben. Der anthroposophische Doktor, der auf den Namen Ingo Junge hört, gilt in den Waldorf-Kreisen seiner Heimatstadt als eine Art Wunderheiler, der immer ein Globuli oder eine Paste kennt, mit der das Weh-Wehchen oder die potentiell tödliche Krankheit bekämpft werden sollte. Außerdem hält der anthroposophische Vordenker, an den Waldorfschulen und Biohöfen der Region, den ein oder anderen Vortrag, in dem es um die anthroposophischen Inhalte geht, die auch an Waldorfschulen vermittelt werden. Dann lauschen die Anhänger_innen der Anthroposophie dem kleine Guru, der die Ideen des Obergurus  auf seine Weise reproduziert.

Dieser große Guru, ein Herr namens Rudolf Steiner schuf den anthroposophischen Kosmos, ein riesiges Planetarium voller Wesenheiten. Nordische Götter, Zwerge, Erzengel und andere Fantasy-Figuren. Diese bevölkern die hiesige Welt, in die der Mensch immer wieder inkarniert, um eine höhere Bewustseinstufe zu erreichen. Neben diesen irrationalen esoterischen Ideen, vertrat Steiner aber auch eine Rassenlehre, in dem er zu Beispiel über das „starke Triebleben” des „Neger” schwadronierte oder Jüdinnen und Juden als „Zersetzungsferment” bezeichnete. Außerdem spaltete der fleißige Oberguru den Menschen in verschiedene „Wesensglieder” auf und erfand „Ätherleibe” und „Astralkörper”, die wichtige Teile des Menschen darstellen sollen, von denen die Biologie aber noch nie etwas gehört hat. Auf den Oberguru Steiner ist auch eine wahn-witzige Bewegungslehre zurückzuführen, die „Eurythmie” genannt wird und mit der die Waldorfschüler_innen auch heutzutage gequält werden. Bis heute wird der Vordenker der Anthroposophie, auf den die biologisch-dynamische Landwirtschaft und die Waldorfschulen zurückzuführen sind, in seinen Kreisen fast abgöttisch verehrt. Bis heute gibt es Menschen, die die Ideen und die Sprache des Vordenkers übernehmen, um das anthroposophische Weltbild zu bewerben.

Ingo Junge, der Waldorf-Heiler aus dem niedersächsischen Oldenburg, hält zum Beispiel Vorträge, die so beschauliche Titel wie „Die Bedeutung des Kosmos für die menschliche Entwicklung” tragen und mit denen der kleine Guru die Ideen des großen Gurus bewirbt. In anderen Vorträgen beschäftigt sich der Doktor mit „Planetenklängen”, dem „Christus-Impuls” oder dem„Hereinwirken geistiger Hierarchien in die Erdenregion”. Seine Werke werden eifrig in den esoterischen Zirkeln der Region debattiert. Dort wird man sicherlich auch auf andere Vorträge des Waldorf-Heilers zurückgreifen, die mit dem bezeichnenden Vermerk versehen werden, dass ein „Urteil über den Inhalt nur dem Personenkreis zugestanden werden kann, der (…) über ein fundiertes Wissen über die Anthroposophie” verfügt.

In diesen Vorträgen erklärt der Waldorf-Heiler seinen „lieben Freunden” zum Beispiel, dass die Krankheit Alzheimer auch auf die staatliche Vorschulerziehung zurückzuführen sei: „Wurde aber alles Mögliche in die kindliche Seele hineingestopft, so sieht es im Alter oftmals düster aus. Denken wir nur an die Alzheimer Krankheit, die in der Vorschulerziehung ihre Ursachen haben kann”. Dieser Gefahr solle man die „Stimmung zum Gebet” und die „frohe Anerkennung der Autorität” entgegensetzen. Ansonsten können die teuflischen „Widersacher”„Luzifer” und „Ahriman”, auf „unserer Erde Einfluss auf den (…) Menschen gewinnen”. Hier sollen die Ideen des großen und kleinen Gurus helfen, die auf das „Christus-Prinzip” verweisen: Das Leben müsse „durchchristet” werden, fordert Ingo Junge.

Krankheiten werden vom Waldorf-Heiler, der tatsächlich als praktischer Arzt tätig war, begeistert kommentiert. Junge warnt vor der „Wirkung irgendwelcher Chemikalien” und vor „Schmerzmitteln”, die nur dafür sorgen würden, dass die Krankheit „an anderer Stelle wieder” auftreten würde. So sei eine kleine Lungenentzündung eigentlich etwas Gutes: Sie müsse „im Grunde angesehen werden als der Versuch (…) die Summe von jahrelang angestauten Schädlichkeiten zu überwinden”. Würde man nun mit Medizin gegen die Krankheit vorgehen, könne diese „Jahre später erneut als Rheumatismus” auftreten. Schmerzmittel würde in Wirklichkeit dazu führen, dass sich die „äußeren Schmerzen in Seelenschmerzen” verwandeln1. Mit diesen possierlichen Erklärungen begeistert er seine Anhänger_innen. Die Jünger des Dr. Junge verzichten 0ftmals auf echte Medizin, man kann ja auch das ein oder andere Gebet sprechen und Globulis konsumieren.

Der Waldorf-Heiler ist außerdem auch politisch aktiv. Er war Mitbegründer der Initiative „Patienten helfen Patienten”, die in Oldenburg gegen die „Gesundheitsdeformation” vorging. Dabei wurden er und seine Anhänger_innen von verschiedenen sozialen Initiativen — von der Arbeitslosenberatung bis zum Sozialreferat des AStA — unterstützt. Die Initiative forderte eine „Erstattung” von „Naturheilmitteln” durch die Krankenkassen. Der anthroposophische Doktor wollte schließlich, dass die Globulis, Pasten und Kügelchen, deren medizinische Wirkung man durchaus in Frage stellen kann, auch in Zukunft durch die Krankenkassen finanziert werden.

Neben der irrationalen Verklärung der Welt und der politischen Arbeit für „Naturheilmittel” ist der Doktor auch noch für weitere gesellschaftliche Zusammenhängen relevant. Er ist ein Kronzeuge des „Chemtrail”–Ideologen Werner Altnickel, der den Waldorf-Heiler in seinen Vorträgen erwähnt, um seinen „Chemtrail”–Ideen einen wissenschaftlichen Anstrich zu verleihen. Der Verschwörungsideologe, der ebenfalls in Oldenburg lebt, glaubt tatsächlich, dass ein Teil der bekannten Kondensstreifen von Flugzeugen bestimmte Substanzen enthält, mit denen das Wetter manipuliert und die Menschen vergiftet werden: „Es geht um die strategische Zerstörung jeglicher Naturgrundlage”, fürchtet der umtriebige Verschwörungsgläubige. Ansonsten fabuliert er von geheimnisvollen israelischen Laserstrahlen oder von ebenso mysteriösen amerikanischen Erdbebenwaffen. In diesem Zusammenhang propagiert er antisemitische Verschwörungsmythen, in denen er vor den „Rothschilds” warnt, denen er eine unglaubliche Macht nachsagt. In seinen Vorträgen erwähnt er aber nicht nur „die Rothschilds” und geheimnisvolle Superwaffen, sondern auch den Waldorf-Heiler, der seinen verschwörungsideologischen Wahn zumindest teilweise teilt und als Kronzeuge für die Propaganda des Chemtrail-Gurus dient.

„Ich habe im Jahre 2005 den praktischen Arzt Dr. Junge aus Oldenburg zu den Auswirkungen von Chemtrail-Fallout auf die Gesundheit seiner Patienten befragt. Er bestätigte ansteigende Zahlen und Verläufe bestimmter Krankheiten seit 2003″, jubiliert der Chemtrail-Ideologe über ein Video, das er allerdings erst in diesem Jahr ins Internet gestellt hat. Dort äußert sich der esoterische Waldorf-Heiler über jene angeblichen „Chemtrails”, die bei seinen Patienten zu Atemnot, Heiserkeit, Schwindelgefühlen und Augenbeschwerden führen würden. Angesichts der sonstigen Ideen des Waldorf-Heilers ist es nicht verwunderlich, dass dieser auch die in der Realität nicht existenten „Chemtrails für eine reale Gefahr hält. Doch auch dagegen gibt es sicher ein Globuli oder ein Gebet, das der anthroposophische Doktor empfehlen kann.

  1. Alle Junge-Zitate stammen, soweit nicht anders angegeben, aus folgender Quelle: Dr. Ingo Junge: Die Bedeutung der Anthroposophie für praktische Lebensfragen. Vortrag vom 5. und 6. Februar 1999. Initiative zur Förderung der Vertragsarbeit im Freien Therapeutikum. Oldenburg, 1999
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Nachfolger des Makss Damage

Makss Damage lautet der Name eines deutschen Rappers, der mit kruden Texten für Begeisterung sorgte:„Ich leite Giftgas in Siedlungen, die jüdisch sind”, hatte Makss Damage zur Freude seiner Anhänger_innen gegrölt.

„Tötet diese antideutschen Hurensöhne”, lautete der Titel eines Liedes, mit dem unverhohlene Vernichtungsphantasien geäußert wurden. Der deutsche Rapper durfte trotzdem auf Veranstaltungen der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ), dem Wurmfortsatz der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), auftreten. Bereits damals war offensichtlich, dass es von seinen damaligen Positionen nur ein ganz kurzer Schritt zum Nazi wäre. Daran schienen sich seine Genoss_innen allerdings nicht zu stören.

Nachdem der anti-imperialistische Deutschrapper Makss Damage dann tatsächlich nach ganz, ganz Rechts wechselte, tauchten verschiedene anti-imperialistische Deutschrapper auf, die sich reichlich Mühe gaben, in die Fußstapfen des Antisemiten zu treten.

Da wäre beispielsweise „Derbst One”, der „„derbe pa­läs­ti­naso­li­da­ri­sche Kamp­fes­mu­sik“ veröffentlicht. Er be­ruft sich auf Marx, En­gels, Lenin, Sta­lin und ver­schie­de­ne Rap­per, wie zum Bei­spiel den se­xis­ti­schen Vor­zei­ge­proll Kool Savas. Mit seinem Lied „Zaid” glorifiziert er einen palästinensischen Selbstmordattentäter: „Diese Schwei­ne sind noch immer in sei­nem Land stationiert“, rappt er dort.

Mit dem Song wird die Ge­schich­te eines pa­läs­ti­nen­si­schen Selbst­mord­at­ten­tä­ters ge­schil­dert, der sich ge­zwun­gen sieht „end­lich in den Kampf zu zie­hen“. Vor­her trägt er „vol­ler Stolz den Tur­ban wie Ala­din“; dann macht er sich auf den Weg, um für „Pa­les­ti­ne“ mög­lichst viele Jü­din­nen und Juden zu er­mor­den: „Ma­ga­zin voll, Kopf rot, Pali an­ge­legt“, hul­digt „Derbst One“ dem Selbst­mord­at­ten­tä­ter. „Heute ist ein be­son­de­rer Tag, er wird aus die­ser Welt schei­den, doch er wird für immer ein Held blei­ben“, lau­tet das Fazit des Rappers, der sich auch an den Antisemiten der Hamas erfreut. Diese seien „einfach gute Kämpfer, die behilflich sein können uns näher ans Ziel zu bringen”.

In einem weiteren Lied, das kei­nen Titel be­sitzt, reimt „Derbst One“ in einer Art, die eben­falls an Makss Da­ma­ge er­in­nert: „Derbst One und Mojo, die bei­den ma­chen dich ka­putt. Kuck wie ich dir dum­men Bas­tard in die Fres­se spuck“. Ein an­de­rer Rap­per wird in die­sem mar­tia­li­schen Song als „Stri­cher“ und „lä­cher­li­cher klei­ner Homo“ be­zeich­net. Neben der an­ti­se­mi­ti­schen Glo­ri­fi­zie­rung des Selbst­mord­at­ten­tä­ters fin­den sich also auch ho­mo­pho­be Zei­len.

Dazu passt der unverhohlene Hass auf „Antideutsche”, für die „Makss Damage” ebenfalls berüchtigt war. Diese Menschen werden als „bourgeoise Hundesöhne”bezeichnet, die man „mit gutem Gewissen ins Grab schicken” könne. O-Ton „Derbst One”:

Wir machen keine Kompromisse mehr mit halblinkem Verrätertum, von den Antideutschen haben wir ja eh genug.

Mit derartigen Inhalten qualifizierte sich der Deutsch-Rapper für verschiedene Auftritte auf den Festivals der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend. „Derbst One” durfte im vergangenen Jahr auf einem „Pfingstcamp” und auf dem „UZ-Pressefest” auftreten. Nun kündigt die deutsche Arbeiterjugend seinen Auftritt auf dem „Festival der Jugend” in Köln an.

Seine homophoben und sexistischen Zeilen werden verständlicherweise verschwiegen: „Derbst One schafft es, Battle Rap mit sozialistischem Inhalt zu produzieren. Das ist nicht nur technisch gut, sondern fällt auch durch fehlende Menschen verachtung auf”, heißt es holprig auf der Internetseite des Jugendverbandes. Dort wird die Glorifizierung eines Selbstmordattentäters, der sich in die Luft sprengt, um möglichst viele Jüdinnen und Juden zu ermorden, als „Geschichte eines palästinensischen Mannes, der zum Märtyrer wird” gelobt.

Doch nicht nur „Derbst One” gibt sich reichlich Mühe, um sich als Nachfolger des Makss Damage zu qualifizieren. Da wäre beispielsweise das Rap-Projekt „EightFiveZero”, das ebenfalls auf den Spuren des Makss Damage wandelt. Die Lieder dieses Youtube-Projektes erfreuen sich bei linken Israel-Hasser_innen großer Beliebtheit. Schließlich heißt es dort:

BAK Shalom? Fuck Shalom, jeder einzelne für mich ein Hurensohn.

Mit homophoben Zeilen erfreut der Rapper seine Zielgruppe: „Antideutsche stehen Schlange und wollen es von hinten”, heißt es hier. „Erst in den Wandschrank, dann einen Kopfschuss”, fordert „EightFiveZero” in einem eindeutigen Jargon und appelliert an „Sozialisten, Stalinisten und Kommunisten”doch mal die Fäuste zu heben.

Mit derartigen Zeilen dürfte sich auch dieses deutsche Rap-Projekt, so wie es Makss Damage und „Derbst One” vorgemacht haben, für Auftritte auf den Veranstaltungen der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend qualifzieren.

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Verschwörungsrapper auf dem Pressefest

Am Freitag, den 24.06.2011, beginnt das 17. UZ-Pressefest der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) im Revierpark Dortmund-Wischlingen. Auf diesem Fest, das laut Eigendarstellung das „größte Volksfest der Linken“ ist, soll es nicht nur eine Videoschalte zur nächsten Gaza-Flotille geben. Geplant war auch ein Auftritt, der den Unmut verschiedener antifaschistischer Gruppen erregte, die sich mit einem Offenen Brief zu Wort meldeten. Es handelt sich um den angekündigten Auftritt der verschwörungsideologischen Band „Die Bandbreite“, die Leser_innen dieses Blogs vielleicht ein Begriff sein dürfte.

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In den Fußstappfen des Makss Damage

Spätestens nachdem der anti-imperialistische Judenhasser Makss Damage zum nationalsozialistischen Judenhasser avancierte, hatten die anti-imperialistischen Verbände, die dem Rapper zuvor ein Podium geboten hatten, ein Problem: Wer sollte nun die Bühnen der Pfingst- und Sommercamps der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) beschallen? Wer sollte nun für Stimmung sorgen?

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Kommunismus sieht anders aus

In der Nacht von Sonnabend auf Sonntag hat sich irgendjemand Zutritt zu unserem Tagungsort und dem – verschlossenen – Plenumssaal verschafft und dort rote Fahnen verschwinden lassen, das KI-Logo heruntergerissen, rund 50,- Euro aus den Spendendosen der Materialien- und Zeitungstische gestohlen und eine Kamera zerstört. Garniert war das Ganze mit einer halbvoll stehen gelassenen Bierflasche und der Botschaft: „Kommunismus sieht anders aus“.

Frank Flegel, Herausgeber des Monatsmagazins „Offensiv“, über ein Treffen der „Kommunistischen Initiative“ in Hannover.

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Konkurrenzkampf

Die Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft produzieren einen merkwürdigen Trubel, der mit noch merkwürdigeren Ritualen einhergeht. Eines der Rituale besteht darin, in einem farblich geordneten schwarz-rot-gold gekleidet, gleichfarbige Fahnen zu schwenken und sich durch lautstarke Sprechchöre bemerkbar zu machen. Einheitskleidung ist das deutsche Trikot, national die kollektive Psychose.

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